Samstag, 27. Dezember 2014

Das Problem mit Wortsalat-Provinzen

Höret die exotischen Namen jener Städte und Dörfer, die sich da Figorat, Pirsin, Kergwip und Rerjeth nennen. Ihrem Namen klar und deutlich zu entnehmen, steckt hinter ihrer Namenswahl die großartige historische Begründung von: Mit der Faust auf die Tastatur hauen, versuchen es vorzulesen und daraus einen Namen abzuleiten. So wie ich es für diese Beispiele tat.

Machen wir uns nichts vor: Solche uneinprägsamen und nichtsssagenden Ortsnamen sind weder darin begründet, exotische ausländische Siedlungen, noch "andersrassische" (Elfen, Orks, Zwerge, etc) Besitztümer zu benennen. Es sind Menschensiedlungen, die einen Namen brauchen und jeder andere Entwickler macht es auch so. Also rollen wir doch mal den Kopf über die Tastatur.

Ich als Spieler empfinde derartige Namen nicht als besonders hipp, cool, kreativ oder praktisch. Sie lassen sich nicht einprägen, weil sie keinerlei Aussage beinhalten. Sie lassen sich demnach auch nicht auf einer eventuellen Weltkarte zuordnen. Wenn man Glück hat, lassen sich dumme Eselsbrücken bauen, um doch noch irgendeine Art von Referenz zu haben. Z.B. klingt "Figorat" fasst wie "Figaro" und "Pirsin" wie das Pokemon "Pinsir" oder ein "Piercing".
Das ist auch ein Problem mit solchen Namen: Sie können wie irgendwas Witziges klingen. Und da stellt man sich schon die Frage, weshalb die Gründer ihrer Siedlung diesen Namen geben sollten. Was zum Geier war deren Motivation?

Blargsknibl! Ja natürlich, das ist doch bei... äh...


Ich muss ehrlich gestehen, dass ich es als unglaublich erfrischend und erleichternd empfand, als ich das erste mal "The Elder Scrolls V: Skyrim" spielte. Ich habe sogar eine Karte dieser Provinz direkt hinter mir und könnte einige Orte aus dem Kopf nennen, ohne mich umzudrehen: Flusswald, Falkenring, Rifton, Einsamkeit, Drachenbrügge, Winterfeste und Weißlauf. Natürlich existieren noch mehr Ortschaften und teilweise sind deren Namen durch deren undeutsche Bezeichnungen nicht so gut einzuprägen. Aber sie haben immerhin klang und lassen sich geografisch zuordnen (z.B. Morthal, Helgen und Rorikstatt).

Es sind aber nicht nur die Namen alleine, sondern auch der Fakt, dass diese Namen benutzt werden. Rorikstatt war einer der ersten Namen, welcher im Intro von einem Dieb genannt wurde, auf die Frage nach seiner Herkunft. Und das ist irgendein unwesentliches Kaff, dennoch erkannte ich den Namen auf dem Ortsschild.
Überhaupt werden Ortsnamen von NPCs verwendet, aus diversesten Gründen, aber aus jeweils gutem Grund, denn die Welt hängt ja irgendwie zusammen, Leute reisen herum, vernehmen Kunde aus anderen Städten und Ländern, Gerüchte machen sich breit, Leute lebten mal in anderen Orten, hatten mal einen Job dort oder haben dort Verwandte oder treiben Handel mit der jeweiligen Stadt (im Übrigen ist das Worldbuilding).
Und wie sieht das meist in RPG Maker Spielen aus? "Boah, ist das langweilig hier. Nie passiert was. Niemand besucht uns. Wir sind so abgeschottet."

How I met your Ortsname


Wenn eine Stadt in der Realität gebaut wird, dann pflanzt man nicht einfach ein Stadt-Samenkorn, gibt Wasser drüber und nennt es dann "Extremgeilstadt", damit es cool klingt. Siedlungen besitzen eine Geschichte! Bei der Gründung spielen oft örtliche Begebenheiten eine Rolle, sprich welche Ressourcen vorhanden sind (Holz und Stein sind wichtig), wie fruchtbar das Land ist, wie ergiebig die Nahrungsbeschaffung ist, wie es mit der Erreichbarkeit des Gebietes aussieht und ob es einen Fluss gibt (Süßwasser und Energie für die Mühle). Diese Punkte können natürlich variieren und das eigentliche Ziel der Gründung kann auch eine Rolle spielen. Zum Beispiel sind die Anforderungen an eine Festung anders, als an ein Bauerndörfchen.

Aber gut, das war jetzt nur nebenbei. Worauf ich eigentlich hinaus wollte, waren die Beweggründe für den Gründungsnamen. Der kann direkt mit örtlichen Umgebungsbedingungen in Verbindung stehen (z.B. Flusswald) oder gar andere Gründe haben. Ich nehme erneut Skyrim (Himmelsrand) als Beispiel. Die Provinz Himmelsrand heißt wahrscheinlich so, weil sie hinter einem beeindruckenden Ring aus Bergen liegt.

Grund 2: Himmlische Inspiration. Bei "Dämmerstern" kann man sich vorstellen, dass dieser Ort so heißt, weil er weit im Norden liegt und von dort aus der erste Stern der anbrechenden Nacht besonders eindrucksvoll zu sehen ist. Das hat die Siedler möglicherweise dazu bewogen, diesen Ort als himmlisches Zeichen zu betrachten und ihre Siedlung hier aufzubauen.

Grund 3: Der Gründername. Ich rate natürlich, aber "Helgen" klingt wie ein Personenname. Spricht ja nichts dagegen einen Ort nach dem eigentlichen Gründer zu benennen oder den Namen entsprechend leicht abzuwandeln, damit er mehr wie ein Ort klingt.

Grund 4: Tierwelt. Hier ist so viel Wildnis und der Ort ist umgeben von Hängen, wo Falken nisten und jagt auf Kleinvieh machen. Nennen wir es doch Falkenring.

Grund 5: Poetische Gründe. Der Ort "Einsamkeit" ist eine Stadt der Dichter, Künstler und Musiker. Und wurde obendrein auf einem gewaltigen Klippenbogen errichtet. So abgeschieden von allem, wo sich der Künstler zurückzieht und über sein Werk sinniert (jedenfalls als ursprüngliche Absicht) wie könnte ein Poet es nicht "Einsamkeit" nennen?

Grund 6: Benennung nach vorhandenen Landschaftsnamen. In der Nähe von Weißlauf befindet sich der Weißfluss. Im Prinzip ist Weißlauf nur eine Abwandlung dieses Namens, bedeutet aber im Wesentlichen das Gleiche. Vielleicht war die Benennung auch andersherum, dennoch bezieht sich Weißlauf eindeutig auf den benachbarten Fluss.

Ortsnamen sind ja so schwierig °3°


Wir könnten auch annehmen, dass Siedler gezielte Gründe hätten, um ihrer kriegerischen Stärke Ausdruck zu verleihen (spontan ausgedacht: Ostklinge). Oder ein Völkchen ist im Vornherein stolz auf ein bestimmtes Produkt (spontan ausgedacht: Guthelm). Wir können auch annehmen, dass der Ortsname sich über Zeit wandelte, weil die genutzte Sprache nicht mehr zeitgemäß ist (spontan ausgedacht: Sopnstrakk > Sumpfstrack ), was nicht bedeutet, dass die Bezeichnung irgendeinen Sinn ergeben muss.

Und ja, es können auch solche Wortsalatnamen wie Kergwip oder Rerjeth sein. Beispielsweise weil keine Übersetzung existiert oder weil dort völlig andere Völker leben - weil es ein völlig anderes Land ist. Denkt denn einer, dass andere reale Völker irgendwelche "fancy Namen" wählen, weil es cool klingt? Nein, sie tun es, weil diese Ortschaften in ihrer Sprache eine eigene Bedeutung besitzen. Wir könnten sie natürlich auch abwandeln, damit wir sie besser aussprechen können oder in unserem eigenen Kontext mehr Sinn ergeben:
Z.B. heißt Deutschland im Englischen Germany, was wohl auf Germanien zurückzuführen ist. "Reino de Espana" ist im Englischen Spain und für uns Spanien. Wir können halt manche Betonungen nicht effizient übernehmen, weil sie in unserer Sprache nicht existieren (und historische Ursachen spielen auch noch eine Rolle). In jedem Fall aber, lassen sich diese Namen merken und auch aussprechen, ohne sich die Zunge zu verknoten.

Ist es denn zu viel verlangt, sich mal eine Minute mehr Zeit zu nehmen und einen treffenden Ortsnamen zu wählen? Überrascht wenig, dass derartige Siedlungen nicht mehr Daseinsberechtigung haben, als einzukaufen, sich zu heilen und es dann wieder hinter sich zu lassen. Vergesslicher Name, vergessliche Taten. Genau das ist es, was wir heutzutage in modernen Rollenspielen brauchen - nicht.

Das waren meine heutigen Gedanken.

True

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Sonntag, 21. Dezember 2014

Wie man OP-Charaktere vermeidet

Das Internet ist voller komischer Abkürzungen, die alles Mögliche bedeuten können. "OP" hat hier nichts mit irgendwelchen chirurgischen Eingriffen zu tun, sondern heißt lediglich "Overpowered". Für unseren Zweck lässt es sich aber am Besten mit "Übermächtig" ins Deutsche übersetzen. Den Begriff verwendet man gerne, wenn irgendeine Kampfeinheit nicht balanciert ist (kann subjektiv sein) und in jeder Situation die beste Wahl ist.

Wann OP zu sein, OK ist


Erstmal vorweg eine Kleinigkeit, die ich in eigentlich fast jeden Artikel schreiben könnte: Es gibt Ausnahmen von der Regel. Übermächtige Figuren können die bessere Wahl sein. Wenn ein Spiel eben genau darauf aufbaut, dass ein Charakter super mächtig ist und alles mit links zerfetzt und somit jeder diese Figur fürchten sollte, dann ist das völlig okay. Um Beispiele anzuführen: Dante aus Devil May Cry, so wie Tod und Krieg aus Darksiders.

Aus erzählerischer Sicht, sind diese machtvollen Persönlichkeiten deswegen sinnvoll, weil es erklärt wie sie sich durch diese schieren Massen an Gegnern schnetzeln und sich furchtlos großen Bossen stellen können. Darüber hinaus sind diese Spiele auch nicht auf erzählerische Tiefe ausgelegt, sondern aufs Gameplay. Also braucht es auch keine vielschichtigen Figuren.

Das waren Beispiele für actiongeladene Spiele. Und es gibt auch Rollenspiele, die zu ähnlichen Methoden greifen. Würde ich mich etwas besser mit RPGs auskennen, würde mir auch sicherlich eines einfallen. Und gibt es keines, wäre es trotzdem absolut möglich. Aber wahrscheinlich auch nur mit einem Echtzeitkampfsystem - Es wäre immerhin nicht wirklich sinnig, ein Kampffeld einzuleiten, das sowieso nur fünf Sekunden zu sehen ist. Das würde den Speed herausnehmen; aber ist eher Thema für einen anderen Artikel.

Wann mächtige Figuren nicht so toll sind


Wir deutsche "RPG Maker Entwickler" scheinen gerne zu erzählen und deswegen steht das Gameplay meist etwas weiter hinten an. Diese Verteilung empfinde ich persönlich als nicht wirklich vorteilhaft, gerade weil Storytelling weniger einfach ist, als sich die Meisten das vorstellen, aber im Endeffekt ist es ja jedermanns eigene Sache. Fokus auf Storytelling birgt allerdings oft die Zusatzschwierigkeit (je nach Worldbuilding), dass die Welt wesentlich belebter ist: Mehr Menschen, Dörfer, Städte, Königreiche, Interessensgruppen - alles muss irgendwie harmonieren, darf sich möglichst nicht widersprechen und die Helden müssen auf diese Welt Rücksicht nehmen. Alles ist viel realistischer, als in gameplayfokusierten Spielen.

Was nicht bedeutet, dass actionlastige Spiele tun können, was sie wollen. Die Protagonisten aus Darksiders und Devil May Cry sind keine Menschen - das erklärt ihre Power. Doch es muss nahezu keinerlei Rücksicht auf Menschen genommen werden, weil die Welten quasi "tot" sind und einzig und alleine als spielbare Level fungieren. Die Zerstörung von Materiellem, das keiner guten Seele mehr gehört, ist somit auch völlig in Ordnung.

Doch wie gesagt, mit einer lebendigen Welt und menschlichen Protagonisten, ist das etwas schwieriger. Sie müssen sich in irgendeiner Form in die Gesellschaft ordnen, können eigentlich nicht wesentlich stärker sein als ein beliebiger NPC und diesen Unterschied auf einem "Level" basieren zu lassen, wäre etwas abstrus. Das würde nämlich bedeuten, dass auch NPCs irgendein Level haben können.
Es ist allerdings auch nicht unmöglich, einen machtvollen Protagonisten in eine identische Welt einzubinden, sofern er sich dem Regelwerk beugen möchte oder muss und sich somit selbst zurückhalten muss (klingt eigentlich nach einem guten Konzept). Hat ein wenig was von Superman, oder?

Wenn wir allerdings menschliche Figuren schreiben wollen, die noch einigermaßen realistisch wirken sollen, können wir sie nicht zu Kampfmaschinen machen, die einen Häuserblock vernichten können, nur weil sie sich versehentlich dort anlehnten - und gleichzeitig drüber grübeln, wie sie in die Burg des Schurken kommen. Ein Zuschauer fragte mich daher mal: Wie schaffe ich diesen Spagat zwischen "nicht zu mächtig" und "kein Waschlappen" sein? Eigentlich ist schon der elementare Ansatz dieser Aussage etwas fragwürdig.
Können wir nicht auch erfolgreiche Charaktere entwerfen, die Feinde nicht mit Wimpernschlägen zerstören? Und was ist so falsch daran, eben doch einen Waschlappen zum Protagonisten zu machen?

Lösung 1: Geschichte und Gameplay voneinander trennen


Ein grundlegend falscher Gedankenansatz, könnte etwas mit dem obigen sinnhaften Zitat zu tun haben. Ich hatte schon in meiner Review zu Unleashing of Chaos 2 gesagt, dass Figuren nicht wirklich stärker, schneller oder intelligenter sind, weil ihre Attribute steigen. Sie erhalten aus erzählerischer Sicht keine Steinhaut, weil ihr Def-Wert hoch genug ist. Deswegen sind Figuren oft in Cutscenes wesentlich verwundbarer, als im spielbaren Kampf: Geschichte und Gameplay sind voneinander getrennt. Somit können die Charaktere effektiv nicht wirklich stärker werden.

Das eigentliche Level gibt hier nicht die absolute Stärke der Figur und zukünftigen Gegnern an, sondern ist ein Gameplayelement, damit der Spieler durch Leveling zum Gameplay gezwungen wird (und Techniken erlernt, die bei noch stärkeren Gegnern helfen können), statt jedem Kampf auszuweichen. Diese Distanzierung müssen viele kleine Entwickler noch lernen.

Lösung 2: "Stärke" umdefinieren


Ist schon mal aufgefallen, dass Figuren nach ihren Trainingseinheiten noch immer keine Bäume ausreißen können? Sie sagen auch nicht "Ja, wir sind sehr gottgleich geworden", sondern eher "Wir haben schon viel erlebt". Und ist es da nicht eher die gesündere Betrachtungsweise, das Level und diese ganzen Attribute nicht als tatsächliche Stärke zu sehen, sondern eher als ein Richtwert für deren Kampferfahrung? Schließlich erhält man ja auch Erfahrungspunkte nach Kämpfen, daher passt diese Betrachtungsweise irgendwie schon.

Außerdem könnten wir uns die Dimensionierung der Werte mal ansehen: Bedeutet der Unterschied zwischen Stärke 20 und Stärke 100, dass sich die physische Kraft verfünffacht hat? Naja, vielleicht konnte der Charakter vorher 2 kg heben und jetzt 10 kg. Das sind dennoch Werte, die sich innerhalb der menschlichen Physiologie bewegen.

Wir könnten auch dahergehen und sagen, dass selbst wenn Attribute die tatsächliche Stärke erhöhen würden, wäre der entsprechende Charakter noch immer kein Gott, sondern würde sich innerhalb des Rahmens menschlicher Stärke bewegen (sofern wir nicht irgendeine Ability in unserer Welt etablieren, die Menschen übernatürlich stark machen kann). Monster, Maschinen und Dämonen, sind von Natur aus dennoch stärker als der menschliche Protagonist. Es ist dann eher deine Aufgabe als Entwickler, das bei einem eventuellen Konflikt auch zu verdeutlichen. Nämlich indem diese Gegner nicht durch Enterkloppen oder OneHit-Kills besiegt werden können.

Lösung 3: Gottgleiche Gegner vermeiden


Ich verstehe ja, dass Gegner im Laufe der Zeit immer krasser und mächtiger werden sollten/können. Nicht nur in ihrem Level, sondern auch innerhalb des Storytellings und für den Geschichtsablauf. Doch weshalb sich im Vorfeld festlegen, dass der Charakter immer weiter gesteigert werden muss, bis er am Ende gar Götter besiegen könnte? Und danach bleibt nichts mehr übrig, keine Herausforderung, denn er ist der Champion der Welt, aber das Spiel ist noch nicht vorbei? Oder er für einen zweiten Teil drastisch reduziert werden müsste, was etwas lächerlich wirken würde?

Wenn das euer Problem ist, dann plant es doch im Vorfeld erst gar nicht so. Ihr grabt Euch selbst eine Grube und beschwert Euch, weil ihr jetzt da drinnen hockt. Ihr entscheidet darüber, wie euer Spiel auszusehen hat, wie das Gameplay funktioniert, wer die Gegner sind und mit welchen Mitteln sie besiegt werden können. Ihr seid nicht gezwungen die Gegner immer mächtiger zu machen oder alle Konflikte über Kämpfe zu lösen (Gameplay kann aus mehr bestehen).
Gegner könnten allesamt ähnlich stark sein, unterscheiden sich aber in ihrem Angriffsverhalten, ihrer Taktik und Techniken. Der Spieler muss sich somit anpassen, neue Strategien austüfteln - er bekommt was Neues zu tun. Spieler brauchen nicht unbedingt immer mächtigere Gegner, sondern Variationen.

Lösung 4: Das Level-System abschaffen


Das erscheint jetzt nicht wie eine optimale Lösung, aber manche  Rollenspiele funktionieren tadellos auf diese Weise. Es ist nicht mehr das Level entscheidend, sondern die Taktik des Spielers. Wenn etwas stärker oder besser wird, ist es meist die Ausrüstung. Die Kämpfe sind auch nicht der unbedingte Fokus, sondern auch noch andere Elemente, wie diverse Rätsel und kampflose Quests. Die "The Legend of Zelda"-Reihe macht das sehr gut.

Lösung 5: Skill über Stärke stellen


Im Wesentlichen knüpft dieser Punkt an Lösung 4 an und nimmt auch das gleiche Beispiel daher: Der Protagonist Link wird im Wesentlichen nicht stärker. Was sich ändert, sind die Erfahrungen des Spielers selbst, der lernt seine Figur immer besser zu kontrollieren und mit den ihm gegebenen Möglichkeiten umzugehen. Außerdem erhält Link ständig neue praktische Ausrüstung, die ihm hilft das Böse zu besiegen, härter zuzuschlagen, seine Reichweite zu erhöhen, schneller zu sein und Lösungen für diverse knifflige Probleme zu finden, die nur er mit seiner speziellen Ausrüstung lösen kann. Er selbst bleibt aber immer die physikalisch gleiche Figur. Würde man ihm [fast] alles wegnehmen, blieben lediglich die Erfahrungen des Spielers selbst, der mit den minimalistischen Mitteln besser umgehen kann, als noch zu Beginn seiner Reise - und das ist eigentlich das geilste Level-Up.

Lösung 6: Stärke aufteilen


Kein Mensch auf der Welt kann absolut alles. Jeder besitzt irgendwelche Differenzen, persönliche Stärken und Schwächen, sei es nun in der Persönlichkeit, Körperbau oder gar Aussehen. Und manche Dinge lassen sich einfach nicht eliminieren, so sehr es diese Figuren auch versuchten. Ein kräftiger muskulöser Held wird sich nicht in eine schmale Spalte quetschen können, im Gegensatz zu dem Vorschüler neben ihm, der locker den Raum mit dem Türschalter erreichen kann.
Der tolle Held kann auch von sich aus keinen Schalter erreichen, der fabulöse Bogenschütze neben ihm jedoch schon. Doch der fabulöse Bogenschütze hat keine Pfeile, die für genug "Wumms" sorgen könnten. Die Hobby-Bastlerin neben ihm fällt das jedoch auf und kann welche herstellen.

Wenn die Stärken auf verschiedene Charaktere verteilt werden, kommen direkt Differenzen zwischen den Figuren zum Vorschein und die gesamte Gruppe wirkt gleich viel weniger OP. Sowieso wird meiner Ansicht nach viel zu wenig Wert auf ein Gruppenverhalten gelegt und die Partymember eher als charakterlose Haudraufs für das Kampfsystem betrachtet - mag ich überhaupt nicht.

Lösung 7: Der nudelarmige Protagonist


Irgendwie kommt es mir so vor, als würden sich Entwickler ihre Helden wie gut gebaute Muskelprotze vorstellen, die sowieso jeder Gefahr trotzen können, selbst wenn sie noch nie in ihrem Leben auch nur die kleinste Muskelzelle bewegen mussten. Sie brauchen keine "Freunde" (aka Partymitglieder), denn irgendwie sind sie ja OP für sich selbst. Was wäre aber, wenn diese Option erst gar nicht zur Verfügung steht?

Nehmen wir an, unser Protagonist könnte nicht mal ein Schwert sicher führen, geschweige denn besitzt er irgendwelche Kampferfahrung oder hat wirklich Reiz irgendwem oder irgendwas Schaden zuzufügen. Alles was er hat, ist sein Verstand. Was bleibt uns also noch übrig?

Sprung-, und Manövrierpassagen, Storytelling, Rätsel um mit Feinden fertig zu werden, Umgebungen mit starker Interaktionsmöglichkeit und mehr (ey, ich ziehe mir jetzt nicht spontan ein Spiel aus dem Arsch). Aber was er auch noch haben kann, sind Freunde, die für ihn kämpfen könnten.
Die Antwort auf die Frage, wie man Waschlappen-Charaktere vermeidet, sollte also sein: Was ist so falsch an einem solchen Charakter?

Ich weiß, dass der RPG Maker quasi dazu einläd ein Spiel zu erstellen, in dem es darum geht immer weiter hochzuleveln und die Figuren mächtiger zu machen, während man noch seine persönliche Geschichte erzählen will, wo die Figuren eben nicht wie Kriegsbestien wirken sollen. Mit weiser Vorausplanung sollte es aber möglich sein, dass Ihr dem RPG Maker kommandiert, was Ihr wollt - und nicht anders herum.

[NACHTRAG] Wenn der Fokus auf Kämpfen bleibt und es nicht wirklich notwendig ist zu kämpfen, weil beispielsweise Erfahrungspunkte wegfallen, denkt Euch ein alternatives System aus, das diese Kämpfe sinnvoll macht. Beispielsweise droppen Gegner spielentscheidende Items oder Elemente für ein wichtiges Crafting-System. Wenn es keinen Grund für Kämpfe gibt, besitzt es auch keine Daseinsberechtigung.

Das waren meine heutigen Gedanken.

True