Dienstag, 8. Dezember 2015

Hinter dem schlechten Umschlag

Nach zeitweiliger Stille in diesem Blog, möchte ich auf ein mir immer auffälliger vorkommendes Thema zu sprechen kommen. Es hat eher indirekt etwas mit Gamedesign zu tun, vorrangiger eher mit den Konsumenten selber und ihrer Art Kritik zu üben.

Anreiz dazu gaben mir negative Erstreaktionen (von mir oder Anderen) auf noch unbekannte RPG Maker Spiele, auf der anderen Seite aber auch überraschte Reaktionen auf RPG Maker Spiele, die sich doch plötzlich als GUT entpuppten.


lol RPG Maker. Ist das Trash?


Oft erwartet man von bestimmten "Genres" einfach eine ganz besondere Art von Qualität, weil erfahrungsgemäß in den meisten Fällen auch diese Nichtqualität vorherrscht. Spiele, die so schlecht sind, dass sie schon wieder amüsant sind - Wir nennen sie "Trashgames". Fakt ist, sie existieren. In rauen Mengen (ob RPG Maker oder nicht) und sie werden nicht weniger und noch immer fröhlich produziert.

Als Spieler (oder Zuschauer) mit einer entsprechenden Grunderwartungshaltung heranzugehen, ist also zumindest statistisch nicht verkehrt. Ist diese Angehensweise aber fair gegenüber dem Einzelspiel? Absolut nicht. Schadet dieses Mindset der Spielerfahrung und dem Urteilsvermögen? Absolut!

Spiele haben keine großartige Chance noch zu punkten, wenn sie von Anfang an als Müll verurteilt werden und möglicherweise selbst im Nachhinein nicht den persönlichen Erwartungen an gutes Gamedesign gerecht werden. Der Konsument erwartet von einem guten Spiel, dass es ganz bestimmte Faktoren zu erfüllen hat. Dass es als gutes Spiel ganz bestimmte Dinge besitzen muss, wie ein total überzeugendes, revolutionäres Kampfsystem. Oder ein unglaublich tiefschichtiges Karma-System, wo jede Entscheidung das komplette Spiel verändert. Oder selbstgepixelte Charaktere mit dynamischen Bewegungen.

Lasst mich die rhetorische Frage stellen: Was erwartet Ihr überhaupt von RPG Maker Spielen?
Die Motivationen mit dem Maker zu arbeiten, sind gemischt. Doch die Meisten werden ihn kaum mit der Einstellung verwenden, ein episches, bombastisches Meisterwerk zu kreieren. Es stecken Leute dahinter, die meist keine Ahnung von Gamedesign haben, eventuell über kein hilfreiches Talent verfügen und Budget wird höchstens in Ausnahmefällen reingesteckt. Wir reden über Leute, dessen Zeitplanung nicht aus 100% Spielentwicklung besteht. Wir reden von Leuten von Nebenan. Keine Firmen.

Überrasche mich


Und ich traue der Person von Nebenan zu, dass sie etwas erstellen kann, um mich zu überraschen. Doch ich muss auch überrascht werden wollen und meine Erwartungshaltung hinten anstellen. Ich muss hinter den schlechten Umschlag blicken können, denn eventuell ist der schlichtweg nicht so gut gelungen. Und eventuell ist der nicht so gut gelungen, weil ich persönlich gerne einen anderen Umschlag hätte. Tja, sorry, aber der Typ von Nebenan würde gerne seine Visionen umsetzen - und nicht meine (oder deine).

Mir persönlich genügt es mittlerweile, wenn Entwickler einfach ihre Stärken ausspielen.
Und das lege ich auch den Entwicklern selbst ans Herz: Nutzt Eure Stärken und schöpft das Potential bestmöglich aus. Lasst weg, was nicht zu Eurer Vision passt. Lasst weg, worin Ihr nicht gut seid. Ihr seid nicht gezwungen andere Spiele zu kopieren, weil sie etwas vormachen. Ihr drückt Eurem Spiel Eure Marke auf und verpasst ihm Eure Persönlichkeit. Und das ist Wiedererkennbares und für gewöhnlich eine Stärke (sofern eure Marke nicht kompletter Trash in sich selbst ist).

Ich bin offen für Überraschungen. Ich bin offen dafür, auch Dinge mögen zu können, die ich normalerweise nicht mag. Doch wenn der potentielle Trash nach Stunden noch immer Trash ist, bleibt er wohl Trash.

Und das waren meine heutigen Gedanken.
[True]

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Mittwoch, 30. September 2015

Zu "einfache" Transportmethoden

Sprechen wir doch heute mal über den Transport unserer Heldenparty. Nicht im übertragenen Sinne, sondern wortwörtlich den Transport der fleischlichen Figuren von Punkt A nach Punkt B. Und lasst uns vor allen Dingen darauf zu sprechen kommen, wie der Spieler durch die Wahl des Reiseverfahrens beschäftigt werden kann, denn ein RPG ist ein Ort der Konflikte, Abenteuer und Probleme.

Zwei Beine sind hilfreich


Wann lohnt es sich überhaupt über die genauen Reiseverfahren nachzudenken? In einer größeren Welt, wo zwischen Städten, Ländern oder gar Kontinenten gereist werden muss. Je kleiner die Distanz, desto irrelevanter die Mittel. Ein Fußweg ist oft völlig legitim, will sagen die Norm.

Und an sich lässt sich ein Spiel problemlos so designen, dass das komplette Abenteuer im Schuhwerk bewältigt werden kann, selbst auf größere Distanzen oder halt via Schnellreisesystem. Schlussendlich ist es ja noch immer ein Spiel und man will nicht Zugunsten von Realismus auf einen schnellen Transport zu z.B. alten Orten verzichten.

Außerdem ist das Schuhwerk die Standardtransportmöglichkeit. Ergo müssen wir erst gar nicht über den Nutzen dessen diskutieren. Wäre es ein Autorennspiel, sähe das natürlich ander aus.

Die idiotischsten "Transportmittel"


Irgendwann jedoch kann es zu einem Punkt kommen, wo der Designer entscheidet, seine Figuren müssen eine große Entfernung in kurzer Zeit (innerhalb der Geschichte) zurücklegen, weil dort der Plot weiter geht. Und plötzlich fangen die Probleme an und vielleicht ein Verständnis, wieso ich diesen Blogpost angefangen habe zu schreiben.

Teleportationen

Teleportation ist sicherlich das Erste was Leuten einfällt, die mich schon länger verfolgen. Die faulste Art die Helden von Punkt A nach Punkt B zu versetzen, ohne irgendeinen Aufwand zu betreiben (abgesehen von der Aufgabe dadurch neu aufgerissene Probleme zu lösen). Damit verschwindet oft die Chance der Welt mehr Lebendigkeit zu geben, neue Quests abseits des Hauptstranges zu designen und Charaktere zu vertiefen. Möglicher Inhalt zwischen Wegpunkt A und B fällt einfach weg.
Die Reisezeit könnte gar ein Teil des Plots sein, weil der böse potentielle Antagonist in dieser Zeit ganze Länder unterwirft - Ups, plötzlich den Plot erweitert, die Stimmung angespannt und für neue Abenteuer gesorgt.

Zwischen Kontinenten reisen

Doch der eigentliche Anreiz für diesen Blogpost sind nicht einmal die offensichtlichen Teleportationen, sondern eine nicht ganz legitime Fußwegstrecke, die eigentlich nicht existieren sollte: Tunnel zwischen Kontinenten.

Doch halt, natürlich sind künstliche Tunnel völlig legitim. Intelligente Menschen oder andere Völker haben diesen Weg spezifisch so designt, dass man lediglich einen Eingang nehmen muss, ein Weg unter einem kilometertiefen Ozean entlang läuft und man gezielt auf der anderen Seite wieder herauskommt. Dieser Tunnel muss darüber hinaus diversen statischen Anforderungen entsprechen. Eine völlig andere Frage ist natürlich, ob so etwas in "Eurem" Fantasysetting überhaupt technisch möglich ist. Wohl eher nicht, außer es spielt in der Gegenwart oder Zukunft oder es waren Aliens oder irgendein mysteriöses uraltes Volk hat den Tunnel irgendwie gebaut (was sich dann aber auch irgendwie im Worldbuilding widerspiegeln sollte). Klingt nach narrativem Aufwand für einen Transport-Sonderfall und entsprechend existiert das meines Wissens nach auch nicht.

Statt dessen tritt die sehr unglaubwürdige Variante gerne auf, dass eine Höhle zwischen Kontinenten verläuft. Nun verlassen wir das Gebiet der Glaubwürdigkeit komplett. Eine natürliche Höhle soll rein zufällig auf einem Kontinent starten, kilometertief und kilometerweit unter einem Ozean entlang laufen und rein zufällig bequem wieder am Festland enden?

Ich glaube ich hätte weniger Probleme damit, wenn diese Passagen nicht einfach wie gewöhnliche Fußwege designt wären, wo nichts passiert, was nicht schon vorher geschah. Oder gar noch weniger passiert: Nämlich nichts, obwohl es sich um ein Extremgebiet handeln sollte. Statt dessen ist es meist optisch einfach nur ein ebener gerader Weg, bei dem man nie den Eindruck hat irgendwelche Höhenunterschiede zu überwinden oder auf irgendwelche ernsten Probleme zu stoßen. Potential grandios verschwendet! Statt dessen mehr ordinäre Laufwege, die es zuvor wahrscheinlich eh schon gab.

Lasst mich eben eine solche potentielle Höhle im Schnitt darstellen, gleichgültig ob eine "schnurgerade" ozeanische "Höhle" unter einem Ozean existieren könnte. Und wir berücksichtigen auch nicht mögliche tektonische Plattenbewegungen zwischen den Kontinenten - Vielleicht existieren die auf dem Fantasyplaneten schlichtweg nicht oder halt nicht in besagtem Ozean. Und wir lassen auch völlig außer acht, dass die Temperaturen massiv ansteigen dürften. Wir "wollen" ja unsere Helden auf Samthandschuhen auf einen anderen Kontinent transportieren.


Und ich komme den "Ozeanhöhlenbefürwortern" sogar noch entgegen und habe den Ozean etwas so breit wie den Golf von Mexiko gemacht. Jedenfalls sollte ziemlich leicht zu sehen sein, dass eine solche Höhle nach UNTEN führt. Man kann nicht einfach in eine Höhle gehen, immer geradeaus und dann kommt man schon raus. Warum wohl bekomme ich nie ein Gefühl dafür wie tief wir sind? Weil da sehr tiefe Abstiege hinunter führen müssten.

Temperaturen steigen, Wassereinbruch droht, möglicherweise haben wir noch Magma, es muss geklettert werden, die Luft ist nicht gerade die Tollste, vielleicht haben wir noch an die Umgebung angepasste Monster, antike Ruinen oder zivilisierte Maulwurfmenschen mit ihren eigenen Problemen. Und vielleicht lässt sich daraus ein Höhlenlabyrinth machen.

Was ich jedenfalls sagen will: Ein natürlicher Unterseetunnel ist nicht einmal das Problem. Wie immer ist es die Art der Präsentation und die ist in so ziemlich jedem Fall einfach nicht vorhanden, obwohl ein komplett neues Abenteuer direkt unter diesem Ozean lauert. Es kann mehr als nur den Hauptplot geben. Der Hauptplot kann erweitert und ergänzt werden. Aber es wird nie etwas daraus gemacht. 

Es sollte also kaum verwundern, wenn ich bereits aufstöhne, wenn ich nur "Ozeanischer Höhlentunnel" höre: Alleine die Existenz lässt darauf schließen, dass wir es mit mit Faulheit und Kreativitätsarmut zu tun haben und kein spannendes Abenteuer zu erwarten haben.
Wieso nicht gleich die Party auf ein Schiff schicken um das selbe Ergebnis zu erzielen?

Flugtierverwandlungen

Im passenden Worldbuilding völlig legitim, doch wenn falsch angegangen, mit ähnlichen narrativen Problemen verbunden, wie Teleportationen. Zwar gebe ich Vampires Dawn nur ungerne Lob, aber es hat die Fledermausverwandlung weitestgehend konsequent umgesetzt. Wenn man sich auf der Worldmap verwandeln kann, um große Strecken zu überwinden, sollte es auch auf jeder Map möglich sein. Es besteht kein narratives Gegenargument dazu, sondern Spielerische. Man kann dem Spieler nicht einfach die Verwandlung wegnehmen, weil es der Erzähler sagt. Die Figuren können nicht einfach vergessen, dass sie sich verwandeln können, weil es nicht zum aktuellen Plotpunkt passt. Das ist Faulheit! Das Flugtier wurde gewählt, weil der Ersteller faul ist!
Verwandlungen sind eine einschneidende Veränderung des Gameplays, wenn sich dadurch neue Möglichkeiten öffnen sollten. Und daher sollte auch das Gameplay und die Geschichte daran angepasst sein und berücksichtigen, dass der Spieler das kann. Vielleicht entdeckt man auch Secrets dadurch?

An sich sind Verwandlungen keine schlechte Idee, aber sehr schwer gut umzusetzen. Beispielsweise funktioniert das selbe Konzept in Unleashing of Chaos 2, auf narrativer und spielerischer Ebene überhaupt nicht, weil es nur dazu dient auf der Worldmap die Orte zu wechseln. Da hat es sich der Entwickler spürbar zu einfach gemacht.

Coole Transportmittel


Reise per Schiff

Obwohl in einer Fantasy-Höhle viel mehr passieren kann, als auf einem Schiff, passiert in diesen Höhlen oft überhaupt nichts. Die viel öfter genutzten Schiffe hingegen, werden ziemlich oft gut ausgenutzt. Möglicherweise auch, weil es ein recht natürliches Transportmittel ist. Unterseehöhlen hingegen nicht.

Ein Schiff ist vergleichsweise schnell, man kann die Fahrt überblenden ohne dafür Rechenschaft abzulegen, kann aber bei Bedarf Charaktere, Worldbuilding und Story vertiefen, bei Bedarf Gameplay einstreuen und vielleicht auch das gewohnte Unglück ins Spiel bringen. Schifffahrten sind toll. Aber leider auch meist zu simpel.

Was gerne übergangen wird, sind die Mittel WIE die Party auf ein Schiff kommt, indem auch das vereinfacht wird. Entweder ein befugter Charakter befiehlt einfach, dass die Party [kostenlos] reisen darf oder wir bezahlen einfach nur Tickets. Das ist ja auch völlig legitim, bloß sollte nicht vergessen werden, dass wir ein Spiel spielen. Wir brauchen Probleme und Zwiste um nicht nur beschäftigt zu sein, sondern auch Abwechslung zu bieten. Es schadet also nicht, auch aus der Beschaffung eines Beförderungsmittels eine Questreihe herauszuholen.

Pferde und Kutschen

Kommt in RPG Maker Spielen nicht vor. Kann vorkommen, aber habe ich noch NIE gesehen, außer Pferde als Teil eines Intros. Möglicherweise weil es an Grafiken mangelt oder weil sie nicht unbedingt notwendig sind. Aber man könnte sie als Schnellreise-Element verwenden, als einzige Möglichkeit um schnell über die Worldmap zu kommen und ansonsten muss man selbst durch die kompletten Gebiete laufen. Ob man es also so löst oder einfach den Helden auf eine Overworld setzt, wo er sich herumbewegen kann, macht keinen essentiellen Unterschied.
Oder man kann sich Pferde ausleihen um schneller durch bereits abgeschlossene Gebiete zu reiten (wo man also nicht mehr in eine Sequenz reiten kann und das Gebiet nochmal schnell auf Secrets prüfen möchte). Man könnte ab-, und aufsteigen und das Pferd kann ohnehin nicht überall hin.

Pferde (oder Reittiere) wären ein neues interessantes Element. Es würde zeigen, dass ich der Entwickler Gedanken machte. Dürften wir mal so etwas sehen? Das wäre total cool.

Flugschiffe

Wenn es unbedingt existieren muss, dann sollte das Flugschiff das finale Transportmittel sein. Es sollte nicht einfach geschenkt sein, sondern hart verdient, bestenfalls mit seiner eigenen Questreihe. Denn dieses Teil wird sämtliche Grenzen zerstören und die komplette Worldmap öffnen. Und das wird das Storytelling und Kampfbalancing erschweren, weshalb es sinnvoll ist dieses Gerät zu bieten, wenn sowieso schon fast alles erkundet wurde.
Sagen wir einfach, ein Flugschiff sollte die ultimative Belohnung sein und sich auch so anfühlen.

Und ja, Tierverwandlungen sind auch "Flugschiffe". Zu früh erhalten, machen sie für Entwickler und Spieler alles schwieriger und reichlich unspektakulär.

Wo ist also das Problem?


Dass keine Probleme existieren. Dass keine Inszenierungen existieren. Dass dem Spieler alles zu stark vereinfacht wird. Es gibt keine Probleme, sondern nur Abkürzungen.
Viele wollen doch ein episches großes Spiel. Dann schaut einfach, wo es sich verkomplizieren lässt. Spiele brauchen Probleme, Meinungsverschiedenheiten, Zwiste und Grenzen. Und der Protagonist ist hier, um diese zu beseitigen und sich den Lohn zu erkämpfen. Und das nicht unbedingt über das Kampfsystem, sondern Leveldesign, Abwechslung, Twists und Abzweigungen in der Geschichte.

Schaut Euch an, wie Eure Figuren reisen. Und schaut, ob sich da nicht mehr herausholen lässt.

[True]


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Mittwoch, 25. Februar 2015

Schau, ich bin so anders - Und jeder kopiert es blind

Schwer zu sagen, ob ich das hier wirklich als "Tipp" durchgeben kann. Wohl doch eher als "heutiger Gedanke", wie es bei diesem Blog wohl auch üblich ist. Und daher wird das hier viel mehr zu einer halbwütenden Betrachtung, eines uns wohlbekannten Spiels - wenn auch aus einer etwas anderen Perspektive. Heute soll es um den Einfluss von Vampires Dawn auf die Indie-Szene gehen.

Damals war alles MEH (?)


Vampires Dawn (VD) war objektiv betrachtet nie wirklich gut. Wir hatten damals nur niedrige Ansprüche und haben uns leicht beeindrucken lassen (bei Manchen ist das wohl noch immer der Fall). Schaut, es war das Jahr 2001. Selbst das gewerbliche Angebot sah damals nicht unbedingt beeindruckend aus und man hatte irgendwie viel mehr Toleranz für das Mittelmaß, viel mehr Geduld sich mit schlechten Spielen auseinanderzusetzen. Damals dachte man/ich halt noch naiv, dass dies die Krönung der Videospiele sind und das Angebot ist limitiert - also was solls, wir nehmen was wir kriegen können. Im selben Jahr kamen allerdings auch sehr beeindruckende Werke raus. Man könnte sagen, es war ein Übergang zu einer neuen Generation von Videospielen.

Heute kannst du dir über das Internet locker jedes Spiel ziehen das du möchtest, ohne das Haus zu verlassen, in einem nie enden wollenden Angebot. Wenn dir etwas bereits in den ersten Minuten nicht gefällt, kannst du es deinstallieren und zu was Anderem greifen. Das ist definitiv kein Vergleich zu damals, als ich noch jünger war (ja, die Spielebranche entwickelt sich so schnell, dass ich mich diesbezüglich schon alt fühle). Heute steigen zig Indie-Teams aus dem Boden und präsentieren uns teilweise bahnbrechend neue Konzepte, an die wir nie zu denken wagten - man schaue sich nur den Boom an, den Minecraft auslöste. Wir haben heute einfach ein so gewaltiges Angebot und Vielfalt an Möglichkeiten, dass unsere Ansprüche an Spiele fast schon automatisch in die Höhe schnellen - wir wollen gute Spiele und wir können sie jederzeit erhalten.

Aber zurück ins Jahr 2001, dem Veröffentlichunszeitpunkt von Vampires Dawn. Im selben Jahr kam Metal Gear Solid 2 raus. Final Fantasy X, GTA3, Mega Man X5, Luigis Mansion. Und dann hast du da dieses Indie-Vampirspiel nebenher zu liegen, das verglichen damit 10 Jahre vorher rausgekommen sein könnte, mitsamt sämtlichen Schnitzern und Unwissen über Gamedesign. Spieler konnten 2001 diese Spiele objektiv direkt mit VD vergleichen. Und was soll man sagen: Für Spiele, hinter denen kein Budget steckt, werden emotionale Ausnahmen gemacht, was allerdings auch Gründe hat...

Die frühe Makercommunity


Damals machte man sich nicht sehr viele Gedanken mit dem RPG Maker. Man entdeckte ihn und hat Just 4 Fun Spiele zusammengekloppt, ohne Sinn und Verstand. Es war cool, dass so etwas überhaupt ging. Wahrscheinlich wusste damals keiner, dass es überhaupt so etwas wie "Gamedesign" gibt - Hauptsache was rauskommt funktioniert und es gab Beifall von den Spielern, wenn die Richtungstasten funktionieren und der Ansatz jedweden Plots war ein Grund zur Freude. Diese ganze Indie-Mentalität existierte damals schlichtweg noch nicht - es gab nur die großen Entwickler mit Budget. Es war (und ist größtenteils) einfach ein Hobby. Die Standards waren niedrig angesetzt - man wusste es einfach nicht besser.

Die Geschichte vor 2001 ist etwas schwammig und ich tue mich schwer damit, irgendwelche Informationen darüber zu finden. Im ähnlichen Zeitraum kamen allerdings einige noch heute bekannte Spiele heraus (oder zumindest erste Demos), die zwangsweise unabhängig voneinander zeitgleich erstellt wurden: Vampires Dawn, Unterwegs in Düsterburg, Eternal Legends, Dreamland und noch ein paar mehr. Von den genannten ist allerdings nur Unterwegs in Düsterburg (Uid) nach heutigen Gesichtspunkten sogar noch gut.

Auch UiD ist ein Beispiel, für weitreichenden Einfluss auf heutige Spiele. Tatsächlich existieren sogar Spiele anderer Entwickler, die versuchen den Erzählstil nachzuempfinden und ihr Werk in der selben Welt spielen zu lassen (das Unterwegs in Düsterburg Weltenbauprojekt). Und sicherlich hat dieses Spiel, als eines der Ersten, das es wagte tiefgründiger (und konsistent) zu erzählen, auch andere Entwickler positiv beeinflusst. Gute Spiele beeinflussen halt auch positiv.

UiD besitzt sogar einen Vampir als Antagonisten. Es besitzt eine interessante, komplexe Geschichte. Es besitzt teilweise echt geile Effekte (der Zeitreise-Abschnitt ist noch immer grandios). Interessante, verschiedene Charaktere. Eine faszinierendes existentes Worldbuilding. Komplexe atmosphärische Sidequests (dieses Gruselschloss Q_Q).
Unterwegs in Düsterburg als Inspirationsquelle herzunehmen, kommt dennoch weniger oft vor, als es bei Vampires Dawn der Fall ist. Vermutlich, weil es zu "komplex" ist und den Spieler nicht direkt mit "coolen Sachen" konfrontiert (welche einfacher zu verstehen und zu verarbeiten sind und somit besser in einem Kinder-, oder Jugendlichenhirn ankommen). Vampires Dawn stimuliert wohl besser die primitiven Windungen. Was auch okay wäre, wenn es nicht als Inspirationsquelle dienen würde...

THX Vampiresdawnbama!!!


BOAH, Vampire sind so cool und man spielt sie (Twilight war da noch kein Thema)!!! Man spielt quasi die BÖSEN!!! Und wie EPISCH und langsam dieses Menü einlendet!!! Und ein tiefgründiger Spruch vor JEDEM Abspeichern!!! Und diese kaufbaren Speichersteine mit limitiertem Speichern sind was TOTAL NEUES!!! Und du kannst JEDEN auf der Welt töten oder in Items verwandeln!!! Und vor dem Blutsaugen kommt diese EPISCHE und langsame Zahnausfahrsequenz!!! Und die Welt ist so groß und unüberschaubar - Dass man den Plot nicht findet ist wie ein Abenteuer!!! KLAUS!!! BLUT!!! So viel Brutalität und fliegende Köpfe - das ist so GORE!!! Die ständige lange Reise zum Schloss zurück lässt die Welt so authentisch wirken!!! Diese primitiven Dialoge, die nichts zum Spiel oder Worldbuilding beitragen, sind so REIF und ERWACHSEN!!! GRINDEN GRINDEN GRINDEN!!!

Ja, danke Vampires Dawn. Du hast eine Menge junger Menschen durch deine primitive Oberflächlichkeit dazu angestiftet, dein mangelhaftes Gamedesign ohne zu Hinterfragen zu kopieren. Einfach weil dein Content anders, mental leicht zugänglich und "awesome" ist. Du hast Rennstreifen auf Kothaufen zur Mode gemacht. Jeder kann ihn produzieren, aber er sieht awesome aus.

Ein Vampir ist der Antagonist?! Der Twist ist heutzutage so dermaßen generisch, dass man bereits im Vorfeld damit rechnen kann.
Langsame unnötige Zusatzmenüs, die einem eh ins normale Menü bringen, stoppen den Spielfluss und zeigen höchstens, für was für einen Hipster sich der Entwickler hält.
Speichersteine (ohne Zusatzoption) mögen den Nervenkitzel und die Angst [um den Spielstand] erhöhen, aber es ist eine dämliche Designentscheidung, wenn man nur alle Jubeljahre mal speichern kann.

Du hast richtig tolle Gamebreaker, wenn du jeden töten/verwandeln kannst. Dazu zählen auch Händler, denn die waren sicherlich dafür da, um das Spielgeschehen zu balancen. Selbst Schuld, wenn man es kann? NEIN, warum ist es erst möglich sich auf die Art den Spielstand zu zerstören?
Da ist es vielleicht sogar ganz gut, dass die langsame Blutsaugsequenz kommt, denn dann hat der Spieler weniger Bock jeden umzubringen. Ansonsten verlangsamt es das Spielgeschehen und nach den ersten zwei oder drei Malen ist es auch nicht mehr cool, sondern nur noch nervig.

Was definitiv am Häufigsten kopiert wurde, ist diese verdammte riesige, frei zugängliche Welt. Ich fand Vampires Dawn okay, BIS man zur Open World kommt (und dort hören auch viele andere Spieler auf). Du hast keine Ahnung wohin. Du kannst fast nirgendwo dein Level erhöhen, weil du nicht weißt, wo du mit deinem aktuellen Level am Besten aufgehoben bist (ergo viele Game Over, bis du das herausfindest). Und es gibt keine oder kaum interessante Orte. Es existiert NULL Worldbuilding, außerhalb des eigentlichen Kern-Plots. Unleashing of Chaos 1 (und 2) könnten im selben Universum spielen wie Vampires Dawn; es existiert keine Differenzierung, weil nichts aufgebaut wurde. Schön, dass genau diese weltliche Leere, mit den gelangweilten Dörflern, von Anderen kopiert wird.

Achja und endloses Grinden (ohne zu wissen wo man gut aufgehoben ist), in einem primitiven Standard-Kampfsystem (Entersmashen) macht so viel Spaß. Nicht.

Das Einzige was ich Vampires Dawn Zugute halten kann, ist die eigentliche Sache, dass man die Bösen spielt (so lange man Asgar spielt, also für 5 Minuten. Weichei-Valnar ist wenig aufregend). Das hat schon was.

Doch was ist damit, dass wir nun sehen, dass nicht alle Vampire zwingend böse sind? Natürlich sind sie es nicht, wenn der Protagonist einer ist und bis vor Kurzem noch ein Mensch war. Aber wisst ihr, welches Spiel zu der Zeit die selbe Botschaft hatte (nur nicht mit einem Vampir, aber dennoch einem mächtigen Schurken)? UNTERWEGS IN DÜSTERBURG.

Danke Marlex, dass du eine ganze Makergeneration ruiniert hast. Du warst zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, mit dem richtigen Content °3°

Das waren meine heutigen Gedanken,
True


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