Donnerstag, 29. Mai 2014

Betatests

Was zu einem Betatest gehört, scheint ein Mysterium für sich. Keineswegs weil es das wirklich ist, sondern aufgrund weit klaffender Meinungen darüber was getestet gehört. Manche wollen nur die technischen Fehler gemeldet sehen, Andere die Rechtschreibfehler beseitigt, die Anderen eine Generalüberholung ihres Werkes. Und je nach Fortschritt können diese verschiedene Forderungen auch sinnvoll, bzw. die einzig verbliebene Variante sein, halt wenn der "Point of no Return" erreicht ist - also wenn das Spiel bereits so weit fortgeschritten ist, dass bestimmte Änderungen sämtliche Arbeit über den Haufen werfen würden.

Insofern wäre es sinnvoll so früh wie möglich Betatester zu haben, die dem Dev (Entwickler) in der noch knetbaren Struktur aufzeigen, was funktioniert, wie Geschehnisse auf sie wirken und ob die Technik Potential besitzt. Tests im Alpha-Stadium sind deshalb sinnvoll, weil noch keine echte Kurve gefahren wurde und noch keine komplizierte Arbeit geflossen ist (die am Ende vielleicht sogar wieder verworfen werden muss), also ein echtes Zeitersparnis stattfindet. Für den Dev ist es stets wichtig die Meinungen seiner Tester ernst zu nehmen und sich zu überlegen oder noch besser gemeinsam zu besprechen wieso dieser Eindruck besteht und entweder gemeinsam oder alleine zu schauen, wie er sich ausbügeln oder eliminieren lässt.

Was brauche ich jetzt also für Tester? Ich würde gerne zwischen mindestens zwei verfügbaren Typen unterscheiden:

  • Ein quasi "ständiger Mitarbeiter" (der nicht unbedingt aktiv mit dran arbeitet), den man stets um Meinungen zu Konzepten oder Ausführungen fragen kann. Bestenfalls jemand, den man sowieso kennt und sich selbst mit Gamedesign beschäftigt. Verrate ihm ruhig so viel wie möglich vom Spiel (Spoilern), denn schließlich kann nur so Kontext hergestellt werden und Problemen auf den Grund gegangen werden.
  • Unbeteiligte, die nicht wirklich wissen was auf sie zukommen könnte. Anhand von ihnen kannst du nochmal besonders prüfen, ob deine Absichten auch so ankommen, wie du sie dir vorstelltest. Bestenfalls auch Leute, die wissen könnten wovon sie sprechen. Also nicht gerade NeuerNoobUser327 ins Boot holen, der sich durch bescheuerte Posts und Trashgames bekannt machte.
Probleme bei Testern ist natürlich, dass deren Wissensschatz und Interpretationsmethodiken sehr stark variieren können (was ich damit meine ist, dass Leute von unterschiedlichen Denkansätzen aus Schlüsse ziehen), es aber gleichzeitig auch ein Vorteil ist, wenn dir als Dev Betrachtungsweisen dargelegt werden, an die du bisher noch nie dachtest.
Problematisch wird es erst so richtig, wenn du selbst in den Seilen hängst, weil dir die erforderliche Erfahrung als Entwickler fehlt um einschätzen zu können, welche der Meinungen jetzt Konsistenz besitzen und dir für dein Spiel weiterhelfen. Faktisch ist es aber auch so, dass auch deine Tester nicht wissen in welche Richtung du willst. Du solltest also für dich klar machen, was eigentlich dein Spiel ausmacht und welche Anmerkungen bzw. Vorschläge in dein Setting passen und nicht passen. Das ist schwierig, aber kann gelernt werden. Aber bitte nicht mit Sturköpfigkeit verwechseln - Wenn Leute aufschreien, überlege dir woran das liegen könnte, statt trotzig abzuwinken.

Was sollte nun getestet werden? Alles. Lass deine Tester ihre Meinungen schriftlich zu allem abgeben, was ihnen nicht gefällt oder wo sie Überarbeitungsbedarf sehen. Sprich z.B. Charaktere, Handlung (kann man ihr folgen? Ist sie zu simpel? Ist sie spannend?). Fordere sie dazu auf das Spiel kaputtzumachen und Wege zu gehen, die ein normaler Spieler nicht gehen würde. Auch Kleinigkeiten, wie gefühlt zu lange Wait-Befehle, unpassende Musik, fehlende Soundabmischungen, Mapping-, und Passierbarkeitsfehler. Wurde ewig nach einem Ziel gesucht? Sind Laufwege zu lang oder langweilig? Macht das Gameplay Spaß? Sollten die Charaktere in bestimmten Situationen mehr miteinander interagieren? Sind Dialoge fehlplatziert? Usw...
Das potentielle Arsenal an testbaren Bestandteilen ist gewaltig. Lasse dich nicht demotivieren, wenn kein positives Feedback im Schreiben steht, denn das gehört nicht zwingend zu den Aufgaben der Tester. Und besser du sagst im Vorfeld, du willst nur [konstruktive] Kritik, statt auch um Lob zu bitten und am Ende kommt tatsächlich kein Lob - das würde sogar mehr demotivieren.

Wie oft sollte getestet werden? Du selbst als Dev solltest natürlich permanent testen. Deine Tester, wann immer notwendig. Eine spielbare Variante in die Runde zu schicken ist nur dann sinnvoll, wenn es auch einen Zustand erreicht hat, den du selbst als repräsentativ empfindest und eine gewisse Spielzeitlänge besitzt (ca. 1 Stunde, plus eventuellem Intro oder Einleitung). Lasse es danach testen, wenn die zuvor aufgezeigten Mängel behoben wurden und du dir sicher sein kannst, dass du beruhigt auf dieser Grundlage aufbauen kannst. Danach bestenfalls immer dann, wenn dein Spiel schon große Fortschritte machte und sehr viel mehr Content hinzukam. Auf jeden Fall nochmal kurz vor dem Release testen lassen. Danach ist eigentlich das gesamte Internet dein Tester - Die Überarbeitung hört schließlich nicht mit dem Release auf.

Woher bekommt man jetzt Tester? Das ist insofern eine schwierige Frage, weil der [deutsche] Markt nicht unbedingt viele gute Tester bietet. Es mag helfen in RPG Maker Foren nach zeitweiligen Testern zu fragen, doch letztlich ist es Glückssache, ob einer der letzten verbliebenen kompetenten Entwickler reinschneit (machen wir uns nichts vor; viele gute Entwickler haben frustriert diese Foren verlassen). Einen engeren Partner, mit dem man sich stets austauschen kann, ist wohl noch schwieriger zu finden. 


Ich persönlich habe eine ganze Bande potentieller Betatester für meine Spiele, von denen ich viel halte, deren Meinungen ich respektiere und die über verschiedenstes Know How verfügen. Wenn sie also ihre Meinung abgeben, besitzt dieses für gewöhnlich Konsistenz (insofern schön sind auch interne Diskussionen). Wenn ich jetzt noch wüsste wie ich sie kennenlernte.... Zufall? Als die deutsche Community noch erträglich war? Gute Freunde mit gleichen Hobbies halt.

Das waren meine heutigen Gedanken.

[Nachtrag: Achja, und Screenshots sind auch was Feines]

[MG]

Mittwoch, 28. Mai 2014

Charaktere entwerfen

Bis vor Kurzem hätte ich selbst noch nicht gewusst wie ich darüber schreiben sollte, wenn ich nicht zwischendurch angefangen hätte unbewusst etwas in Richtung Charakter-Entwurf zu tun, was mir massiv weiterhalf. Insofern schreibe ich heute meine Gedanken darüber nieder, in der Hoffnung es könnte auch wem anders helfen. In diesem Artikel sei allerdings besonders angemerkt, dass dies meine Vorgehensweise ist, die für mich funktioniert - die allerdings auch nicht in Stein gemeißelt ist, sondern durch nachträgliche Beobachtung bei mir so zu funktionieren scheint.

Wenn ich eine Figur entwerfe, kommt es erst einmal darauf an wie fortgeschritten mein Worldbuilding überhaupt ist. Habe ich eine Figur und noch keine echte Idee für das Spiel, wird das Worldbuilding an meinen Charakter-Entwurf angepasst. Habe ich eine Welt, aber noch keinen Protagonisten/Charakter, wird er an die Welt angepasst. Habe ich beides bereits, wird eventuell ein neuer Ort, Weltenbestandteil oder Weltenregel hinzugefügt. In jedem Fall müssen Figur und Welt eine Zusammengehörigkeit aufweisen, ergo die Figur eine Hintergrundgeschichte besitzen, die sich auch mit tatsächlichen Orten und Geschehnissen in der Fantasy-Welt vereinbaren. Figur und Worldbuilding entwickeln sich parallel weiter. Bei all diesem groben Herumgeschuppse von Ideen, lohnt es aber noch nicht diese Begebenheiten wirklich aufzuschreiben, sondern ich belasse sie völlig bei Gedankenspielereien und bildlichen Vorstellungen.

Diese bildlichen Vorstellungen wollen natürlich auch visualisiert werden, also zeichne ich die Figuren nieder, entwerfe und verbessere Kostüme und Kleidung, die natürlich auch mit der Herkunft und Charakterzügen der Figuren im Einklang stehen. Und natürlich sollte es ein wenig cool und wiedererkennbar aussehen, schließlich sind besagte Figuren Protagonisten.

Nun zu dem Punkt, den ich zuvor etwas unterschätzte und ich an dieser Stelle mehr wie ein Tutorial formuliere:

Gebe dir selbst eine kurze schriftliche Zusammenfassung deiner Charaktere. Beschreibe sie nicht in Stichpunkten, sondern voll ausformulierten Sätzen. Darin enthalten sollten die wichtigsten personenbezogenen Eckpunkte deiner Figuren stehen, also die für die jeweilige Person von Belang sind und sie als Einzelfiguren besonders auszeichnet. Zu diesem Zweck ein Negativ, und ein Positivbeispiel, anhand meiner eigenen Figuren mit nachfolgenden Erklärungen, wieso diese Beschreibung nichts taugt.

Negativ

Emerik
Kommt aus dem verschneiten Soyala und ist freundlich und stark. Er benutzt drei verschiedene Waffen und seine Haare sind Blau. Er zieht in die Welt um sein Dorf vor einer Hungersnot zu retten.

Erklärung: Grundweg langt diese Beschreibung um dem Spieler zu erklären was die Aufgabe des Spielers sein wird, aber als Charakter-Entwurf taugt diese Beschreibung nichts, da sie nichts aussagt und durch die Verallgemeinerungen sogar noch irritiert.
Freundlich ist jede Figur, über kurz oder lang, zu bestimmten Personengruppen, zu bestimmten Situationen. Freundlichkeit ist notwendig um durchs Leben zu kommen und somit ist dies nichts Besonderes, was diese Figur auszeichnet.
Stark zu sein steht ohne Kontext hier. Warum ist er stark?
Wie kann er drei verschiedene Waffen tragen? Wozu? Damit es cool ist? Was ist der Kontext?
Blaue Haare sind keine Charaktereigenschaft.
Und der letzte Satz ist eine Abenteuer-Motivation, aber keine Charaktereigenschaft.
Was lernten wir also über ihn? Nichts.

Positiv
Emerik
Er kommt von einer ewig eingeschneiten Insel, wo er in einer kleinen abgeschotteten Gemeinschaft zu einem hart arbeitenden jungen Mann herangezogen wurde. Seine Aufgabe ist es Tiere/Monster zu töten, um das winzige Dorf mit Nahrung und Fell zu versorgen. Er ist daher für sein Alter bereits ziemlich kräftig, doch weiß so gut wie nichts über die Außenwelt.

Erklärung: Es sagt alles aus was man über ihn wissen muss und es lassen sich leicht Charakterzüge ableiten, da diese Beschreibung ermöglicht sich in diese Figur hineinzuversetzen und sie somit weiterzuentwickeln. Was lässt sich ableiten oder ganz spontan entwickeln? Er ist wahrscheinlich mutig, zuverlässig, besitzt einen wachen Verstand aber ist Unbekannten gegenüber etwas naiv (und ist nicht gewohnt, dass Leute ihn anlügen). Um verschiedene Tiere/Monster zu jagen und sie zu häuten, könnten ihm verschiedene Tools zur Verfügung stehen, die sich auch im Gameplay niederschlagen könnten.

Diese Charakterbeschreibungen sind in erster Linie für euch. Fügt also ein, was ihr als besonders nennenswert empfindet, was die jeweilige Figur besonders auszeichnet. Das selbe Vorgehen (Woher, Aufgabe, physische Eigenschaften, Grundwissen) klappt für Emerik, kann aber für eine andere Figur völlig irrelevant sein. Startet also an diesem Punkt nicht unbedingt nach einem bestimmten Schema, weil die Figuren in einem so frühen Entwicklungsstadium mit Schema-Verfahren eher dahin tendieren würden "roboterhaft" oder "identisch" zu werden.

Im Anschluss würde wahrscheinlich eine Charaktertabelle helfen, doch ich bin offen gestanden kein Fan davon. Ich würde die Figuren lieber im Spiel selbst entwickeln, statt auf vereinheitlichten Punkten zu verharren, die im Wesentlichen sowieso nichts zu ihren Charaktereigenschaften beitragen (zB Lieblingsbuch, Lieblingsessen) und mir auch nicht helfen die Welt mit deren Augen zu sehen.

Das waren meine heutigen Ausschüttungen von Gehirnkalk.

[MG]

Donnerstag, 22. Mai 2014

Natürliche Dialoge

Die Schreibung natürlicher Dialoge scheint in vielen Spielen ein gewaltiges Problem zu sein, obwohl die Forderung recht simpel erscheint: Lasse Figuren natürlich miteinander interagieren. Doch da haben wir wieder das fett hervorgehobene Wort, welches undefiniert bleibt und, seien wir ehrlich, abhängig von der Person, eine völlig andere Bedeutung besitzen kann: Während sich Leute über Stunden über alle möglichen Themen unterhalten können, winken Andere wieder nach wenigen Sätzen ab weil sie nicht in Gespräche interessiert sind. Was bedeutet also eigentlich "natürlich", in dem geforderten Kontext?

In Spielen oder allgemein Unterhaltungsmedien, ist die Forderung nach realistischen Dialogen unangemessen. Der Spieler muss unterhalten und das Gameplay nicht zu lange gestoppt werden, wodurch Informationen auf eine kürzere Zeitspanne zusammengerafft oder ausgelassen werden müssen. Figuren müssen innerhalb kurzer Zeit (oder verteilt über das Spiel) ihre Gefühle, ihre Anliegen und Persönlichkeit verständlich ausdrücken und zudem die Handlung und Ereignisse weitertragen, während sie innerhalb ihrer eigenen Charakteristika angemessen auf örtliche Ereignisse reagieren müssen.

Bei diesen [hoffentlich selbstverständlichen] Forderungen ist es nicht wirklich verwunderlich wenn Fehler auftreten können - sofern sich der Entwickler überhaupt diesen Forderungen bewusst ist. Und hier kommt ein witziges Phänomen zum Tragen: Der Protagonist darf stumm bleiben. Man mag es auf Spiele wie "The Legend of Zelda" schieben, den Protagonisten schlichtweg als Avatar des Spielers zu wählen, doch - um beim Thema zu bleiben - man beachte die daraus resultierenden Änderungen von Dialogen: Bis auf einfache Entscheidungen wie Ja/Nein, muss plötzlich der NPC für den leeren Content des Spielers aufkommen und entsprechend reagieren. Doch die Figur ist nicht wirklich stumm, sie transportiert trotzdem ihren Willen (z.B. Weltrettung) weiter und drückt ihre Persönlichkeit vor allen Dingen durch das Gameplay und somit die Aktionen aus. Auch Mimiken helfen sehr weiter, die Gefühle einer solchen Figur zu beschreiben.
Ist also Link ein Beispiel für gute natürliche Dialoge, wenn er nicht aktiv spricht? Sofern seine Umgebung angemessen und glaubwürdig auf seine Taten reagiert: JA, absolut.

Dialoge sind also, wie hoffentlich aus dem Beispiel erkennbar, nicht alleine auf Messageboxen beschränkt. Der Dialog mit der Umwelt ist nicht abgeschottet vom tatsächlich Gesprochenen und sollte es auch nicht. Das gilt vor allen Dingen dann, wenn sich eine zweite Figur in die Party begibt. Erneut könnten wir davon ausgehen, unser Protagonist wäre stumm, doch daraufhin muss die zweite Figur in irgendeiner Form alles übernehmen, was unser Held nicht kommentiert, da wir diese Figur schlichtweg nicht sind. Doch diese Figur kann sehr schnell sehr nervig werden, da sie dazu tendieren nicht die Klappe zu halten und es erst recht frustriert, wenn der Protagonist nur stumm daneben steht und sich bequatschen lässt, als wäre er ein Kleinkind ohne eigenes Selbstbewusstsein oder Meinung. Das ist die Schattenseite solcher Szenarien - falsch angegangen.

Alle beteiligten Figuren sprechen zu lassen, ist also weitaus weniger haarsträubend und verpasst dem Protagonisten obendrein eine aktive Persönlichkeit, die er durch Worte ausdrücken darf. Nun gut, er muss sie ausdrücken. Nun haben wir nämlich die Kehrseite des genannten Szenarios: Was ist, wenn wir mehrere Partymitglieder haben und im Wesentlichen Niemand etwas sagt? Dann haben wir stumme, völlig unglaubwürdige, langweilige Zombies, die alle völlig gleich sind, die keine Meinung zu dem Geschehen um sich herum haben.
Bloß gut, dass mir völlige Stummheit bei mehreren Partymitgliedern noch nie unterkam. Was jedoch öfter vorkam, ist ein Mangel an Dialogen, der keinen Schluss darüber zulässt mit was für Personen wir es zu tun haben, die nichts von sich erzählen und nur den Mund öffnen, wenn die "Quest" es erfordert, um selbige Quest zu erfüllen oder zu kommentieren. Das ist unzureichend und nicht natürlich.

Nach all dem Getanze um das Thema: Wie kann ich nun natürliche Dialoge erzielen?

Natürlich erst einmal mit natürlichen Figuren.
Eure Helden besitzen eine gewisse, ihnen zugeschriebene Persönlichkeit. Diese können weitläufig sein, wie auch die Persönlichkeit echter Menschen. Darin fließen mitunter ihre Lebenserfahrungen, gewohnter Sprachstil, Hobbies, Alter und Altersunterschiede, Bildung und Wissensschatz oder auch Herkunft ein. Nun ist mir leider nicht bekannt, ob es jedem möglich ist sich in die Haut anderer Personen (oder einer Figur die er selbst erschuf) zu versetzen, doch unter der Annahme es könne jeder: Tue es! Und tue es oft, um deine Figuren charakterlich zu entwickeln und ein Gefühl für sie zu bekommen. Du sollst irgendwo fähig sein, in deinem Kopf, einen völlig alltäglichen Dialog zwischen deinen Figuren und der Umwelt stattfinden zu lassen. Versetze sie auch in völlig chaotische oder unmögliche Szenarien und lasse sie agieren.

Neben diesem Kopfkino, was sehr bei der Charakterentwicklung hilft, stehen jedoch noch die spielerischen Aspekte im Vordergrund:

  • Werfe dem Spieler nicht zu viele Informationen und Namen um den Kopf, reduziere also den Informationsgehalt auf ein Minimum, aber immer noch so viel, dass der Spieler darüber Bescheid weiß, was los ist.
  • Die Figuren besitzen irgendeine Form von Moral. Wenn etwas Grauenhaftes passiert, lasse sie das auch ausdrücken. Es langt für gewöhnlich nicht einfach nur zu schreiben "Oh das ist aber schrecklich" und das Spiel geht weiter. Bestimmte Ereignisse bedürfen einer angemessenen Länge um diese zu unterstreichen oder als wichtig zu untermalen.
  • Auch wenn schon zuvor genannt: Lasse die Figuren miteinander interagieren und alle sprechen. Stumme Figuren ohne Meinung sind genauso gut, wie keine Figuren.
  • Dialoge benötigen mehr Inhalt, als mindestens erforderlich um das Spiel gerade so vorwärts zu treiben. In Dialogen können z.B. Anmerkungen über Belanglosigkeiten stehen, die aber halt gerade eine Figur beschäftigt. Das macht sie natürlicher, echter, glaubwürdiger. "Belanglosigkeiten" oder alltägliche Dialoge, gehören nicht zur zu vermeidenden Informationsflut (siehe Punkt 1).
  • Charaktere müssen sich charakterlich und in ihren Meinungen unterscheiden, um einen gehaltvollen und interessanten Dialog zu schreiben. Wenn alle gleich sprechen und die selbe Meinung haben, sind sie uninteressant, seelenlos und austauschbar (bitte unbedingt vermeiden!).
  • Charaktere wissen nicht mehr, als sie wissen können. Und sie können eventuell auch nicht richtig zuhören, stehen auf dem Schlauch, verstehen den Kontext nicht oder besitzen eine andere Art zu denken. Lasse sie also, wenn du selbst merkst, dass dies zum Charakter in der entsprechenden Situation passt, nochmal Fragen stellen oder entsprechende Anmerkungen machen. Geschickt gelöst, kannst du so auch die Wichtigkeit einer Sache nochmal für den Spieler betonen.
  • Verschiedene Charaktere harmonieren unterschiedlich gut miteinander. Doch wie auch immer, sie müssen für das Spiel miteinander interagieren. Können sie sich also nicht besonders gut leiden, müssen aber gemeinsam reisen, müssen sie auch zukünftig irgendwie miteinander auskommen und sprechen. Vermeide Stillschweigen, denn das bringt keine Charakterentwicklung mit sich und wirkt inhaltlich "leer" und uninteressant. Ist die Chemie zwischen den Figuren schlecht, lasse sie das also auch ausdrücken.
  • Schrecke nicht davor zurück erhebliche Einschnitte in die Handlung vorzunehmen. Wenn beispielsweise eine Figur einfach nicht mehr mit den Anderen zusammenarbeiten kann (diverseste Gründe) könnte sie auch die Party verlassen oder deren Arbeit "sabotieren", woraus sich diverseste Folgen für Figuren und Handlung entwickeln. Das echte Geschehen und Interaktionen zwischen den Charakteren sollten also, wie in diesem Beispiel, untrennbar zusammengehören.
  • Ausgeweitete aufwändigere Sequenzen können viele Szenen und Dialoge besser unterstreichen, als die gesamte Handlung einfach nur in Messageboxen abzuhandeln und die Partymitglieder in der Hosentasche verschwinden zu lassen (siehe auch Punkt 2). Figuren können herumlaufen, sich drehen, bzw. sich umsehen (Dialog mit der Umwelt)
  • Deine Partymitglieder sollten in irgendeiner Form charismatisch sein oder nachvollziehbare Beweggründe für ihr Handeln und Aussagen besitzen. Niemand will grundlos nervige oder hasserfüllte Figuren in der Party, auch weil diese erfahrungsgemäß nicht so leicht wieder verschwinden. 
  • Vermeide stichpunktartige Dialoge.
  • Deine Figuren "dürfen" dumme Dinge sagen und Fehler machen, selbst wenn es ihnen nicht bewusst ist
    NACHTRAG WEIL VERGESSEN:
  • Außenstehende NPCs (zB das Bauernvolk) ist vom obig genannten nicht ausgeschlossen. Allerdings dürfen sie etwas arger überzeichnet sein, da ihre Persönlichkeit auf noch kürzere Zeit untergebracht werden muss. Sie dürfen auch witzig sein oder seltsame Eigenheiten besitzen. Auch auf diese Figuren müssen unsere "Helden" menschlich reagieren, wie auch auf sich gegenseitig.
Ich denke das sollte einen relativ guten Überblick über DOs und DON'Ts natürlicher Dialoge geben. Zumindest so wie ich sie mir wünschen würde. Ein fantastisches Beispiel für Dialoge ist übrigens "Die Gräfin und die Spinne" (siehe hier bei Koshirano).

Das waren meine heutigen Gedanken.

[MG]

Donnerstag, 8. Mai 2014

"Wieso?" - Die Ergründung von Entscheidung

Im Hintergrund notiere ich mir gerne, welche Blogs hier in Zukunft folgen werden. Und ich kam zum Schluss, dass ein besonders wichtiger Aspekt des Spiele-Designs diesen vorgeschoben werden muss. Genau genommen hätte es der erste, aller hier aufgeführten Einträge sein sollen, da dieses Thema Grundlage für sämtliche Überlegungen sein sollte.
Doch wie dem halt so ist, schreibe ich hier ungeordnete Themen rein, die ich spontan loswerden will, ohne ein Muster zu verfolgen, obwohl ich insgesamt darauf abziele Grundlagenwissen zu verbreiten. Das ist der Grund, weshalb dieser Eintrag so dermaßen spät kommt. Und es ist meine Antwort auf die Frage: Wieso ich diesen Blog schreibe. Ich habe mein Schaffen im Nachhinein analysiert und überlegt, wie ich im Vornherein Verbesserungen hätte erzielen können. Doch für diese Überlegung wäre es zu spät, denn meine Einträge sind bereits veröffentlicht und stehen fest für sich, ohne inhaltliche Veränderungen zu erfahren.

Und das ist völlig in Ordnung, weil dies hier ein Blog ist. Und Blogs können thematisch sein und dürfen in ihrer Gesamtheit keine Ordnung aufweisen - so sind Blogs allgemein definiert. Ein andere Geschichte wäre es, wäre dies hier ein Videospiel:
Ich muss mir im Vornherein überlegen um was es gehen soll. Ich muss mir während des Erstellungsprozesses überlegen, wieso ich eine Designentscheidung traf. Ich muss mir im Nachhinein vor Augen führen, was ich bislang tat und ob es mit meinem aktuellen Ansatz übereinstimmt (Und ich präsentiere auch nicht jeden hingefurzten Gedanken in der breiten Öffentlichkeit, durch eine neue Version des Spiels - hoffentlich).

Zeit für Analogien, weil ich Analogien liebe! Videospiele sind in sich geschlossene virtuelle Mechaniken, die über logische Zusammenhänge funktionieren und dann aussetzen, wenn ein Rädchen nicht mitdrehen will. Das Uhrwerk sollte von Anfang an so konsistent wie möglich zusammengesetzt werden, selbst wenn das nicht immer möglich ist. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder du bemerkst, dass deine Mechanik hin und wieder stottert - Oder es fällt dir nicht auf. Egal in welchem Fall, musst du es zur Sicherheit auf Fehler prüfen, bevor es die Öffentlichkeit quasi unwiderruflich nutzt.

Aber wie herausfinden ob etwas falsch lief? Jedes Rädchen in deiner Maschine, das mal mehr und mal weniger in andere Rädchen greift, steht für eine beliebige Designentscheidung. Sprachstil von Figuren, Farbentscheidungen (Interface, Kleidung,...), Geschwindigkeit des Menüs und des Kampfsystems, Hindernisse der Protagonisten/Helden, Anzahl der Protagonisten, Handlungen eines Antagonisten/Feindes, Waffenwahl der Helden, Musikwahl und Kartendesign eines beliebigen Gebietes, Interaktive Möglichkeiten, dein grundlegendes Spielprinzip, und so weiter ... Nimm dir jeden beliebigen Punkt und stelle dir die Frage: Wieso? Welcher Grund steckt für meine Designentscheidung dahinter? Und wenn ein Punkt zu weiteren zusammengehörigen  Wieso-Fragestellungen führen kann, stelle dir diese Frage!

Diese schlichte einfache Analyse soll helfen dein Spiel zu optimieren, dir Zeit und Arbeit zu sparen. Jedoch will ich es hierbei nicht belassen, denn die Interpretationsmöglichkeiten der Antworten, welche gezogen werden können, sind vielfältig und unterscheiden sich von Person zu Person. So stellt sich die Frage, in welche Richtung eine Wieso-Frage zielen soll. Sollen sie das Gameplay unterstützen? Die Charaktertiefe? Den Plot/Geschichte oder das Storytelling? Wie kann ich sicher gehen, dass ich nicht etwas kürze, was essentiell für andere Belange des Spiels wichtig sind, mir aber selbst nicht auffiel? Und wirkt mein Spiel nicht erst recht wie eine kalte Maschine, wenn ich sämtlichen Content daran festmache, ob dieser sinnvoll ist?

Völlig berechtigte Fragen. Videospiele sind zwar in sich geschlossene virtuelle Mechaniken, doch sie sind keine Maschinen. Sie strotzen vor Leben und Abwechslung, Freude und Trauer, Personen mit denen man mitfühlen kann und Leute die man für ihre Taten verabscheut. Sie sind der Inbegriff von Spaß und nah beim Spieler; sie berühren ihn persönlich. Er soll sich in der gewaltigen Welt, die du dir ausdachtest, versinken können. Der Spieler soll sich für seine harte Arbeit belohnt fühlen. Umgehe das Gefühl einer Maschine! Spiele sind Leben! Und dies sind mitunter die Punkte nach denen sich orientiert werden sollte. Spiele sind Liebe und diese Liebe sollte auch spürbar sein - so schmalzig das auch klingen mag.

Deine Designentscheidungen müssen nicht alle möglichen Facetten abdecken und auch wirklich einen aktiven Zweck verfolgen. Es sollte nur erkennbar sein, dass du dir Gedanken machtest und dein Handeln kritisch hinterfragtest. Wenn dem so ist, lebt dein Spiel fast wie von alleine und die Frage nach dem Wieso (weshalb etwas im Nachhinein funktioniert und wie es das Spiel unterstützt) lässt sich von ganz alleine beantworten. So besitzen durchweg natürlich sprechende Charaktere keinen mechanischen Nutzen, aber sie verbessern das Spiel. Und das ist die direkte Antwort auf das Wieso: Wieso natürliche Figuren? Weil sie das Spiel beleben!

Genauso kannst du dir auch die Frage stellen, wieso du dich gegen eine Entscheidung gestellt hast, was mindestens genauso viel hilft wie die positive Betrachtung. Weshalb, zum Beispiel, trifft man heutzutage kaum noch auf Spiele mit Random Encountern? Weil es Spielern auf den Sack geht! Mehr dazu in meinem Post zu Intuitivem Spieldesign, wo ich diese Problematik zum Teil behandelte.

Und somit leite ich zu einem klassischen Anfängerfehler um: Diebstahl von Ideen aus erfolgreichen Spielen.
Manche Entwickler scheinen sich leider nicht Gedanken darüber gemacht zu haben, weswegen gute Spiele ihren Erfolg verdient haben. Sie erkennen nicht den Kontext, die Zusammenhänge und erkennen nicht den angewandten Stil um diesen Erfolg zu rechtfertigen. Hinzu kommt selbstverständlich noch das Unwissen, was das Wort "Inspiration" überhaupt bedeutet. Googelt es, Leute. Um Himmels Willen, googelt es.

Das waren meine heutigen Gedanken.
Prost!

[MG]

Dienstag, 6. Mai 2014

Schlechte Spiele sind Okay!

Schlechte Spiele sind Okay! Und wir brauchen sie sogar. Doch eines nach dem Anderen.

Wie ich während Zeichenstreams gerne sage: "Am Anfang sieht alles beschissen aus", was auch auf die Laufbahn von Jungentwicklern anzuwenden ist: Jeder fing klein an, jedem mangelte es einst an Fachwissen, strotzte vor Naivität und musste erst lernen wie Spiele geplant werden. Daraus resultieren anfänglich schlechte Spiele ohne Substanz - das ist völlig normal, völlig menschlich und wiederholt sich in vielen Belangen des Lebens, immer und immer wieder.
Und eben weil dem so ist, werden schlechte Spiele auch nie verschwinden, doch der Entwickler kann aus dieser Erfahrung lernen und immer besser werden, auch mit Hilfe von fortgeschritteneren Entwicklern oder Spezialisten in diversen Gebieten (schließlich kann niemand alles).

Zumindest wäre das der theoretische Idealfall, würde uns nicht die leidige Praxis beweisen, wie oft sich gegen Kritik gesträubt wird, kein Interesse an Verbesserungen besteht, keine Lernkurve existiert und der Jungentwickler seinen offensichtlichen Unfug als die tollste revolutionäre Darbietung seit Final Fantasy 7 (*) präsentiert und meint er kenne Gamedesign besser, als die Wissenschaft Quantenmechanik versteht. Und davon sind "fortgeschrittenere" Entwickler leider nicht ausgeschlossen. Auch sie können darunter fallen und großen Mist produzieren, ohne es zu merken - was womöglich ein zukünftiges Thema wird.

Ich toleriere schlechte Spiele. Selbstverständlich kommt Frust auf, wenn dummdämliches Design auftritt, wo bereits der gesunde Menschenverstand hätte eingreifen müssen, doch ich toleriere sie, da sie - wie eingangs erklärt - schlichtweg auftreten müssen. Wogegen ich mich sträube, ist die, wie ebenfalls erklärt, "Kopf im eigenen Arsch"-Einstellung. Spiele lassen sich nicht getrennt vom Entwickler bewerten, kommentieren und kritisieren.
Wäre bei Euch nicht auch der eigene Wille hilfreiche Kommentare zu liefern größer, wenn zu bemerken ist wie sehr sich der Entwickler über Kritik und Verbesserungsvorschläge freut? Ich schon!
Und wenn sich der Entwickler als versperrter Trottel entpuppt? Dann würdet Ihr sicherlich mehr schreiend auf ihn zurennen, ihm ins Gesicht knallen wie beschissen sein Spiel doch ist. Oder Ihr ignoriert sein Spiel. Oder Ihr versucht es freundlich - was im Regelfall genauso viel bringt, wie jeder andere Tonfall.
Doch gleichgültig wie ihr darüber denkt, entwickelt sich am Ende doch nur derjenige, welcher auch Kritik akzeptiert und seine eigenen Fehler reflektieren kann (auch ein gutes zukünftiges Thema).

Was will ich hier also dem potentiell angesprochenen Jungentwickler sagen?
Dein Spiel ist nicht unbedingt das Gelbe vom Ei und dieser Umstand lässt sich nicht verhindern. Wir alle standen mal an diesem Punkt. Willst du was Gelbes draus machen und hast ein eigenes Interesse an deinem Werk, lasse Andere dein Spiel auseinander nehmen. Jeder besitzt eine andere Toleranzschwelle und es könnte schwierig werden damit umzugehen, daher merke dir: Du musst nicht jede Kritik akzeptieren, egal von wem sie kommt. Aber ignoriere sie auch nicht und denke darüber nach, wieso die Kritik fiel. Es wird dir immens helfen, dich weiterzuentwickeln. Wie gesagt, ein Eintrag zum Thema Selbstreflektion wird noch folgen.

Nach allem was ich jetzt sagte: Wieso brauchen wir schlechte Spiele?
Um zu erkennen, was Designfehler für negative Auswirkungen haben, um diese nicht zu wiederholen. Selbstverständlich brauchen wir auch gute Spiele, um uns nicht nur an ihnen zu erfreuen, sondern auch als häufige Quelle positiver Referenzen und Inspiration. Wir brauchen beide Seiten um die Ober-, und Untergrenze des Möglichen festzumachen und positive, wie auch negative, Eindrücke zu verarbeiten, an die wir bislang nie dachten. Doch dazu muss auch verstanden werden was schlecht und was gut ist und wieso dem so ist - ebenfalls zukünftige Themen dieses Blogs. Und lassen sich schlechte Beispiele mit etwas Kreativität nicht sogar in etwas Positives umwandeln? Ja, auch schlechte Spiele können Inspirationen liefern. Ich bin bei Weitem nicht der Einzige, den die Muse küsste und sich sagte: "Leck mich am Arsch, das kann ich besser und es wird großartig".

Wenn man schlechte Spiele schon nicht verhindern kann, sollte man sie zu seinem Vorteil nutzen.
Und das tue ich immer wieder.

Das waren meine heutigen Gedanken.

[MG]

(*) Ich bin keineswegs ein Fan von Final Fantasy 7, doch es lässt sich der positive Einfluss auf nachkommende Rollenspiele nicht abstreiten. Es war zu seiner Zeit revolutionär. Miserable Pseudo-FF7-Klone ausgeschlossen.

Montag, 5. Mai 2014

Intuitive Tutorials und Spielerführung

In meinem heutigen Developer-Stream (Link zur Aufnahme) arbeitete ich an der Einrichtung des Kellers, im Einleitungsabschnitt meines Spiels, und fragte in die kleine Runde, was denn erfahrungsgemäß in einen Keller gehören könnte. Unter einigen mehr und weniger brauchbaren Ideen (wobei die weniger Guten aufgrund grafischer Limitationen ausgeschlossen wurden), fanden sich auch manche Objekte, die zwar faktisch in einem Keller vorkommen, sich jedoch effektiv mit den Gesichtspunkten als Videospiel beißen, den Spieler unnötig irritieren und von einem spezifischen spielerischen Zweck des Raumes weglenken könnten. Das Spielgefühl besitzt stets die oberste Priorität - Punkt um.

In dem Zusammenhang, mit den frischen Gedanken, möchte ich an dieser Stelle ein wenig über die gezielte Spielerführung / Spielerlenkung sprechen, welche selbstverständlich nicht nur über Objektplatzierung funktioniert, sondern auch der aktiven spielerischen Darbietung und den Aufgaben, die der Entwickler bereitstellt. Es ist ein nicht gerade kleines Thema, denn es spaltet sich in viele Gesichtspunkte auf, wovon ich mir den - meiner Ansicht nach - wichtigsten Oberbegriff herauspicke: Lernphase.

Was heißt das? Nun, als Entwickler möchte ich, dass der Spieler mein Werk bestmöglich versteht, um nach seinen Regeln zu handeln. Ein Spieler geht für gewöhnlich zu Beginn mit zwei Einstellungen voran: Erwartungshaltung (aka "Ich müsste ungefähr wissen wie das hier abläuft") und Unwissen (aka "In Wirklichkeit habe ich aber keine Ahnung").
So weiß z.B. jeder wie Rollenspiele im Wesentlichen funktionieren, dass LevelUps Erfahrungspunkte benötigen, welche Tasten gedrückt werden müssen und er kennt womöglich die gängigen Klischees. Genauso auch bei Horrorspielen: Ich muss wahrscheinlich eine unbestimmte Zahl an Zetteln suchen, Rätsel auf dem Weg lösen und zu gegebener Zeit verfolgt mich ein Monster. In dem Sinne denkt der Spieler, er kenne dein Werk bereits und du musst ihm bestimmte Elemente nicht mehr beibringen.
Mit diesem Wissen im Hinterkopf, kannst du ihn jedoch genauso mit dem Unwissen über die wahre Natur des Spiels wunderbar lenken und erfrischen, indem du ihm zeigst, wie dein Gameplay anders funktioniert [...]

Ja. Das Gameplay. Ich weiß, viele Entwickler bilden sich ein, ihre Story wäre was Anderes, was völlig Neues, etwas Tiefgründiges. Vielleicht, aber es macht das Spiel nicht besser oder anders, sondern nur dann, wenn "Plot" geschieht - und das trifft nur kurzzeitig zwischen den vergleichsweise langen Spielabschnitten auf. Was verbessert und verändert gehört ist das Gameplay. Also wie sich das Game spielt.

[...] Und somit kommen wir zu einem unfassbar wichtigen Punkt, der nur selten beachtet zu werden scheint: Die Lernphase findet immer statt. Und deswegen sind aktive, um die Ohren geschlagene, Tutorials meist nicht notwendig, weil die Spielregeln auch spielerisch beigebracht werden können, was sowieso besser im Gedächtnis bleibt. Tutorials tendieren dazu unnötig komplex zu werden, was ein fataler Fehler ist. Spieler müssen langsam, Schritt für Schritt, gelehrt werden, damit sie nicht von Informationen erschlagen werden und zwischendurch einfach den Kopf abschalten. Genauso schmeißt man den Spieler nicht mit zig neuen Charakteren oder Begriffen zu - er wird sie sich nicht oder falsch merken.

Die permanente Lernphase ist definitiv eine gute Sache. Sie ist intuitiv, mach dem Spieler meist Spaß und erfordert richtig angegangen wenig Aufwand (und wird meist nicht als "Tutorial" empfunden), sofern einfach nur auf ihre permanente Aktivität geachtet wird. Und genau dies, ist gleichzeitig auch ein Problem: Dem Spieler können unbeabsichtigt falsche Lehren vermittelt werden, was ein gewaltiger, weit verbreiteter Anfängerfehler ist. Um das zu visualisieren möchte ich ein paar Beispiele geben:

  • Ich spiele derzeit ein RPGM-Spiel namens "The Prophecy of Sartos", welches einem eindeutig vermittelt, dass dem Spieler eine Limit-Attacke freigeschaltet wird, wenn seine HP auf einen geringen Wert fallen. Das ist jedoch effektiv falsch. Die Limit-Attacke wird scheinbar alle paar Runden automatisch aktiviert, gleichgültig wie viele HP vorhanden sind. Hier wurde nicht auf die Kontinuität der Ereignisse geachtet.
  • Gleichbleibende Spielregeln sind wichtig. In einem anderen Spiel erlebte ich, dass Löcher und Schluchten willkürliche Regeln besitzen. Entweder man wird von ihnen geblockt, fällt runter oder kann über sie springen. Was soll ich als Spieler jetzt als korrekt empfinden? Es wäre u.A. wichtig zu wissen, was mich sofort tötet, wenn offensichtlich kein Indikator für den Ausgang dieser Interaktion existiert.
  • Nehmen wir an, über längeren Zeitraum wird die Mechanik eingeführt, dass ein bestimmter Gegner in Kombination mit einer bestimmten Waffe, sofort stirbt. An irgendeinem Punkt wird jedoch erwartet, dass selbiger Gegner mit selbiger Waffe angegriffen wird, damit er sich in einen Stein verwandelt um ein Rätsel zu lösen. Wer soll auf so etwas kommen, wenn die Erfahrung daran scheitert?
Sagen wir einfach: Verarsche den Spieler auf Gameplay-Ebene nicht, okay? Bringe dem Spieler über konsistente Regeln bei, wie dein Spiel funktioniert. Auch optische Unterschiede können hierbei helfen, um automatisch die richtige Lösung zu finden.

Beispiele:
In vielen 2D-Zelda-Teilen, besitzen manche Löcher eine sichtbare Textur oder man sieht das untere Stockwerk. Das indiziert, dass man in diese Löcher springen kann, ohne es dem Spieler direkt sagen zu müssen. Oder ein ausgedachtes Beispiel, welches sich am dritten Beispiel (siehe oben) orientiert: Bauen wir einen Raum, in dem es kein Weiterkommen gibt, jedoch ein deutlich umgefärbter, jedoch bereits bekannter Gegnertyp steht. Und dieser reagiert mit unserer Primärwaffe oder einem neuen Objekt, welches wir in diesem Dungeon erhielten. Wir probieren also instinktiv aus, was mit dem los ist und kommen somit auf die Lösung des Rätsels.
Das ist intuitives Design. Dem Spieler optisch, Schritt für Schritt und ohne Worte beibringen, wie dein Spiel funktioniert. Das ist es, was ihr anstreben wollt. Immer.

Und somit komme ich zum, meiner Ansicht nach, schwierigsten Teil des Ganzen: Intuitive Spielerführung.
Sowohl die permanente Lernphase, als auch Erwartungshaltung und Unwissen spielen in dieses hinein. Es sollte nicht missachtet werden, auch wenn die Absicht dahinter durchaus optional ist, jedoch bei Einhaltung ein völlig anderes Spielgefühl bietet und den "Flow/Fluss" verbessert. 
Im Wesentlichen wird bei der intuitiven Spielerführung versucht, den Spieler durch diverse unterschwellige Mittel in die Richtung zu locken, in welche ihr ihn gehen sehen wollt. Gleichzeitig wollt ihr verhindern, dass er falsche Annahmen trifft. Der Spieler soll sich als Sieger, durch seine eigene Interpretation und Analyse fühlen, ohne alles vorgekaut zu bekommen (denn das vermittelt den Eindruck, das Spiel denke man wäre als Spieler unfähig und doof). Es ist ein Spiel mit der menschlichen Psyche, die eine gewisse Kapazität besitzt und nur eine begrenzte Menge Informationen verarbeiten kann und oft die erste Information als Wichtigste einstuft.

Achtet auf Folgendes:
  • Einzeln stehende Objekte stechen heraus und wirken wichtiger, als könne man mit ihnen interagieren. Das gilt vor allen Dingen dann, wenn sie mittig im überschaubaren Raum platziert sind oder am Ende eines langen Weges. Allgemein wird erwartet, dass sich am Ende von Wegen irgendetwas befindet (schließlich hat der Weg ja einen Grund, oder?).
  • Einmalige Farben von Objekten oder Lichtern stechen heraus. Ebenso, wenn die Farbe des Objektes (zB einer Truhe) sich von den bisherigen identischen Objekten unterscheidet. Spieler wollen zu diesen Objekten/Orten. Auch Objekte mit einer deutlich unterschiedlichen Grafik (Helligkeit, Kontrast, Konturen) werden anders interpretiert und können als "Besonderheit" verstanden werden. Wenn ihr das nicht wollt, vereinheitlicht eure Grafiken.
  • Markierungen von Hauptwegen (bzw. dem richtigen Weg), führt oft dazu, dass diese Wege nicht gegangen werden. Spieler wollen die sichtbare alternative Umgebung oder andere sichtbare Räume erkunden, um Secrets oder andere wichtige Utensilien zu finden. "Unsichtbare" alternative Wege, werden hingegen übergangen.
  • Markierungen, blinkende Hinweise und markierte NPCs sorgen dafür, dass der Spieler nur noch mit diesen Objekten/Personen interagiert und den Rest meist ignoriert.
  • Von bestimmten Objekttypen wird eine Interaktion erwartet. Bringe dem Spieler frühzeitig bei, was möglich ist und was nicht. Beispiel aus Secret of Evermore: Vasen und Töpfe sind immer durchsuchbar.
  • Reduziere deine Informationsmenge auf ein Minimum, gleichgültig ob Nacherzählung oder Dialog. Fakten sind hierbei die größten Killer (Namen, Ereignisse, ...). Beachte, dass der Spieler nicht über dein Wissen verfügt und die Infos nicht als so selbstverständlich hinnimmt, wie du.
  • Gib dem Spieler die Möglichkeit seine neuen Fähigkeiten auszuprobieren (zB Bomben), damit er grundlegend versteht wie dieses funktioniert und mit was es interagieren kann. Einbahnstraßen oder ominöse "Markierungen" am Ort des Einsatzes, nachdem er die Fähigkeit erhielt, helfen sehr (zB sichtbar brüchige Wände, bei Bomben). Es ist auch vorteilhaft solche "Markierungen" schon viel früher ins Geschehen zu werfen - denn wenn sofort erkennbar ist was gebraucht wird und diese Idee im Hinterkopf verbleibt, ist das perfekt.
  • Lass den Spieler erkunden, wenn er erkunden will und ziehe entsprechende Konsequenzen aus seiner Neugier: Belohne ihn oder zeige ihm, dass er an einem Ort bald weiter kommen könnte, ihm aber noch etwas aus seinem Abenteuer fehlt um das zu bewerkstelligen (selbe psychologische Wirkung wie im vorherigen Punkt, plus der Spieler fühlt sich als hätte er etwas entdeckt und fühlt sich belohnt).
    Es ist nicht anzuraten der Figur ein "Bauchgefühl" zu geben, dass sie noch nicht weitergehen sollte, wenn kein Grund dafür existiert.
  • Übertreibe es nicht mit Hinweisen. Der Spieler soll das Gefühl bekommen, er hätte die Kontrolle. Spieler fühlen sich verarscht, wenn man sie mit immer der gleichen Info bombardiert. Er versteht den Wink auch beim ersten Mal (Aber: Spielerisch fest integrierte Hinweise sind vorteilhaft. Questlogs, wo man alles nochmal nachlesen kann, vor allen Dingen wenn man nicht am Stück spielt und somit den Faden verlieren könnte!)
  • Spieler verlieren das interesse, wenn sie nichts zu tun haben. Ein Spiel ist schließlich kein Buch oder Film. Interaktivität ist wichtig um Spieler bei Laune zu halten, also gib ihnen die Kontrolle und somit etwas zu tun.

Es lassen sich noch viele Punkte hinzufügen, doch ich denke diese sind in einem anderen Blogeintrag besser aufgehoben. Ich will euch ja nicht mit zu vielen Informationen überfordern ;)

Das waren meine heutigen Gedanken.

[MG]