Mittwoch, 25. Februar 2015

Schau, ich bin so anders - Und jeder kopiert es blind

Schwer zu sagen, ob ich das hier wirklich als "Tipp" durchgeben kann. Wohl doch eher als "heutiger Gedanke", wie es bei diesem Blog wohl auch üblich ist. Und daher wird das hier viel mehr zu einer halbwütenden Betrachtung, eines uns wohlbekannten Spiels - wenn auch aus einer etwas anderen Perspektive. Heute soll es um den Einfluss von Vampires Dawn auf die Indie-Szene gehen.

Damals war alles MEH (?)


Vampires Dawn (VD) war objektiv betrachtet nie wirklich gut. Wir hatten damals nur niedrige Ansprüche und haben uns leicht beeindrucken lassen (bei Manchen ist das wohl noch immer der Fall). Schaut, es war das Jahr 2001. Selbst das gewerbliche Angebot sah damals nicht unbedingt beeindruckend aus und man hatte irgendwie viel mehr Toleranz für das Mittelmaß, viel mehr Geduld sich mit schlechten Spielen auseinanderzusetzen. Damals dachte man/ich halt noch naiv, dass dies die Krönung der Videospiele sind und das Angebot ist limitiert - also was solls, wir nehmen was wir kriegen können. Im selben Jahr kamen allerdings auch sehr beeindruckende Werke raus. Man könnte sagen, es war ein Übergang zu einer neuen Generation von Videospielen.

Heute kannst du dir über das Internet locker jedes Spiel ziehen das du möchtest, ohne das Haus zu verlassen, in einem nie enden wollenden Angebot. Wenn dir etwas bereits in den ersten Minuten nicht gefällt, kannst du es deinstallieren und zu was Anderem greifen. Das ist definitiv kein Vergleich zu damals, als ich noch jünger war (ja, die Spielebranche entwickelt sich so schnell, dass ich mich diesbezüglich schon alt fühle). Heute steigen zig Indie-Teams aus dem Boden und präsentieren uns teilweise bahnbrechend neue Konzepte, an die wir nie zu denken wagten - man schaue sich nur den Boom an, den Minecraft auslöste. Wir haben heute einfach ein so gewaltiges Angebot und Vielfalt an Möglichkeiten, dass unsere Ansprüche an Spiele fast schon automatisch in die Höhe schnellen - wir wollen gute Spiele und wir können sie jederzeit erhalten.

Aber zurück ins Jahr 2001, dem Veröffentlichunszeitpunkt von Vampires Dawn. Im selben Jahr kam Metal Gear Solid 2 raus. Final Fantasy X, GTA3, Mega Man X5, Luigis Mansion. Und dann hast du da dieses Indie-Vampirspiel nebenher zu liegen, das verglichen damit 10 Jahre vorher rausgekommen sein könnte, mitsamt sämtlichen Schnitzern und Unwissen über Gamedesign. Spieler konnten 2001 diese Spiele objektiv direkt mit VD vergleichen. Und was soll man sagen: Für Spiele, hinter denen kein Budget steckt, werden emotionale Ausnahmen gemacht, was allerdings auch Gründe hat...

Die frühe Makercommunity


Damals machte man sich nicht sehr viele Gedanken mit dem RPG Maker. Man entdeckte ihn und hat Just 4 Fun Spiele zusammengekloppt, ohne Sinn und Verstand. Es war cool, dass so etwas überhaupt ging. Wahrscheinlich wusste damals keiner, dass es überhaupt so etwas wie "Gamedesign" gibt - Hauptsache was rauskommt funktioniert und es gab Beifall von den Spielern, wenn die Richtungstasten funktionieren und der Ansatz jedweden Plots war ein Grund zur Freude. Diese ganze Indie-Mentalität existierte damals schlichtweg noch nicht - es gab nur die großen Entwickler mit Budget. Es war (und ist größtenteils) einfach ein Hobby. Die Standards waren niedrig angesetzt - man wusste es einfach nicht besser.

Die Geschichte vor 2001 ist etwas schwammig und ich tue mich schwer damit, irgendwelche Informationen darüber zu finden. Im ähnlichen Zeitraum kamen allerdings einige noch heute bekannte Spiele heraus (oder zumindest erste Demos), die zwangsweise unabhängig voneinander zeitgleich erstellt wurden: Vampires Dawn, Unterwegs in Düsterburg, Eternal Legends, Dreamland und noch ein paar mehr. Von den genannten ist allerdings nur Unterwegs in Düsterburg (Uid) nach heutigen Gesichtspunkten sogar noch gut.

Auch UiD ist ein Beispiel, für weitreichenden Einfluss auf heutige Spiele. Tatsächlich existieren sogar Spiele anderer Entwickler, die versuchen den Erzählstil nachzuempfinden und ihr Werk in der selben Welt spielen zu lassen (das Unterwegs in Düsterburg Weltenbauprojekt). Und sicherlich hat dieses Spiel, als eines der Ersten, das es wagte tiefgründiger (und konsistent) zu erzählen, auch andere Entwickler positiv beeinflusst. Gute Spiele beeinflussen halt auch positiv.

UiD besitzt sogar einen Vampir als Antagonisten. Es besitzt eine interessante, komplexe Geschichte. Es besitzt teilweise echt geile Effekte (der Zeitreise-Abschnitt ist noch immer grandios). Interessante, verschiedene Charaktere. Eine faszinierendes existentes Worldbuilding. Komplexe atmosphärische Sidequests (dieses Gruselschloss Q_Q).
Unterwegs in Düsterburg als Inspirationsquelle herzunehmen, kommt dennoch weniger oft vor, als es bei Vampires Dawn der Fall ist. Vermutlich, weil es zu "komplex" ist und den Spieler nicht direkt mit "coolen Sachen" konfrontiert (welche einfacher zu verstehen und zu verarbeiten sind und somit besser in einem Kinder-, oder Jugendlichenhirn ankommen). Vampires Dawn stimuliert wohl besser die primitiven Windungen. Was auch okay wäre, wenn es nicht als Inspirationsquelle dienen würde...

THX Vampiresdawnbama!!!


BOAH, Vampire sind so cool und man spielt sie (Twilight war da noch kein Thema)!!! Man spielt quasi die BÖSEN!!! Und wie EPISCH und langsam dieses Menü einlendet!!! Und ein tiefgründiger Spruch vor JEDEM Abspeichern!!! Und diese kaufbaren Speichersteine mit limitiertem Speichern sind was TOTAL NEUES!!! Und du kannst JEDEN auf der Welt töten oder in Items verwandeln!!! Und vor dem Blutsaugen kommt diese EPISCHE und langsame Zahnausfahrsequenz!!! Und die Welt ist so groß und unüberschaubar - Dass man den Plot nicht findet ist wie ein Abenteuer!!! KLAUS!!! BLUT!!! So viel Brutalität und fliegende Köpfe - das ist so GORE!!! Die ständige lange Reise zum Schloss zurück lässt die Welt so authentisch wirken!!! Diese primitiven Dialoge, die nichts zum Spiel oder Worldbuilding beitragen, sind so REIF und ERWACHSEN!!! GRINDEN GRINDEN GRINDEN!!!

Ja, danke Vampires Dawn. Du hast eine Menge junger Menschen durch deine primitive Oberflächlichkeit dazu angestiftet, dein mangelhaftes Gamedesign ohne zu Hinterfragen zu kopieren. Einfach weil dein Content anders, mental leicht zugänglich und "awesome" ist. Du hast Rennstreifen auf Kothaufen zur Mode gemacht. Jeder kann ihn produzieren, aber er sieht awesome aus.

Ein Vampir ist der Antagonist?! Der Twist ist heutzutage so dermaßen generisch, dass man bereits im Vorfeld damit rechnen kann.
Langsame unnötige Zusatzmenüs, die einem eh ins normale Menü bringen, stoppen den Spielfluss und zeigen höchstens, für was für einen Hipster sich der Entwickler hält.
Speichersteine (ohne Zusatzoption) mögen den Nervenkitzel und die Angst [um den Spielstand] erhöhen, aber es ist eine dämliche Designentscheidung, wenn man nur alle Jubeljahre mal speichern kann.

Du hast richtig tolle Gamebreaker, wenn du jeden töten/verwandeln kannst. Dazu zählen auch Händler, denn die waren sicherlich dafür da, um das Spielgeschehen zu balancen. Selbst Schuld, wenn man es kann? NEIN, warum ist es erst möglich sich auf die Art den Spielstand zu zerstören?
Da ist es vielleicht sogar ganz gut, dass die langsame Blutsaugsequenz kommt, denn dann hat der Spieler weniger Bock jeden umzubringen. Ansonsten verlangsamt es das Spielgeschehen und nach den ersten zwei oder drei Malen ist es auch nicht mehr cool, sondern nur noch nervig.

Was definitiv am Häufigsten kopiert wurde, ist diese verdammte riesige, frei zugängliche Welt. Ich fand Vampires Dawn okay, BIS man zur Open World kommt (und dort hören auch viele andere Spieler auf). Du hast keine Ahnung wohin. Du kannst fast nirgendwo dein Level erhöhen, weil du nicht weißt, wo du mit deinem aktuellen Level am Besten aufgehoben bist (ergo viele Game Over, bis du das herausfindest). Und es gibt keine oder kaum interessante Orte. Es existiert NULL Worldbuilding, außerhalb des eigentlichen Kern-Plots. Unleashing of Chaos 1 (und 2) könnten im selben Universum spielen wie Vampires Dawn; es existiert keine Differenzierung, weil nichts aufgebaut wurde. Schön, dass genau diese weltliche Leere, mit den gelangweilten Dörflern, von Anderen kopiert wird.

Achja und endloses Grinden (ohne zu wissen wo man gut aufgehoben ist), in einem primitiven Standard-Kampfsystem (Entersmashen) macht so viel Spaß. Nicht.

Das Einzige was ich Vampires Dawn Zugute halten kann, ist die eigentliche Sache, dass man die Bösen spielt (so lange man Asgar spielt, also für 5 Minuten. Weichei-Valnar ist wenig aufregend). Das hat schon was.

Doch was ist damit, dass wir nun sehen, dass nicht alle Vampire zwingend böse sind? Natürlich sind sie es nicht, wenn der Protagonist einer ist und bis vor Kurzem noch ein Mensch war. Aber wisst ihr, welches Spiel zu der Zeit die selbe Botschaft hatte (nur nicht mit einem Vampir, aber dennoch einem mächtigen Schurken)? UNTERWEGS IN DÜSTERBURG.

Danke Marlex, dass du eine ganze Makergeneration ruiniert hast. Du warst zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, mit dem richtigen Content °3°

Das waren meine heutigen Gedanken,
True


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