Mittwoch, 30. September 2015

Zu "einfache" Transportmethoden

Sprechen wir doch heute mal über den Transport unserer Heldenparty. Nicht im übertragenen Sinne, sondern wortwörtlich den Transport der fleischlichen Figuren von Punkt A nach Punkt B. Und lasst uns vor allen Dingen darauf zu sprechen kommen, wie der Spieler durch die Wahl des Reiseverfahrens beschäftigt werden kann, denn ein RPG ist ein Ort der Konflikte, Abenteuer und Probleme.

Zwei Beine sind hilfreich


Wann lohnt es sich überhaupt über die genauen Reiseverfahren nachzudenken? In einer größeren Welt, wo zwischen Städten, Ländern oder gar Kontinenten gereist werden muss. Je kleiner die Distanz, desto irrelevanter die Mittel. Ein Fußweg ist oft völlig legitim, will sagen die Norm.

Und an sich lässt sich ein Spiel problemlos so designen, dass das komplette Abenteuer im Schuhwerk bewältigt werden kann, selbst auf größere Distanzen oder halt via Schnellreisesystem. Schlussendlich ist es ja noch immer ein Spiel und man will nicht Zugunsten von Realismus auf einen schnellen Transport zu z.B. alten Orten verzichten.

Außerdem ist das Schuhwerk die Standardtransportmöglichkeit. Ergo müssen wir erst gar nicht über den Nutzen dessen diskutieren. Wäre es ein Autorennspiel, sähe das natürlich ander aus.

Die idiotischsten "Transportmittel"


Irgendwann jedoch kann es zu einem Punkt kommen, wo der Designer entscheidet, seine Figuren müssen eine große Entfernung in kurzer Zeit (innerhalb der Geschichte) zurücklegen, weil dort der Plot weiter geht. Und plötzlich fangen die Probleme an und vielleicht ein Verständnis, wieso ich diesen Blogpost angefangen habe zu schreiben.

Teleportationen

Teleportation ist sicherlich das Erste was Leuten einfällt, die mich schon länger verfolgen. Die faulste Art die Helden von Punkt A nach Punkt B zu versetzen, ohne irgendeinen Aufwand zu betreiben (abgesehen von der Aufgabe dadurch neu aufgerissene Probleme zu lösen). Damit verschwindet oft die Chance der Welt mehr Lebendigkeit zu geben, neue Quests abseits des Hauptstranges zu designen und Charaktere zu vertiefen. Möglicher Inhalt zwischen Wegpunkt A und B fällt einfach weg.
Die Reisezeit könnte gar ein Teil des Plots sein, weil der böse potentielle Antagonist in dieser Zeit ganze Länder unterwirft - Ups, plötzlich den Plot erweitert, die Stimmung angespannt und für neue Abenteuer gesorgt.

Zwischen Kontinenten reisen

Doch der eigentliche Anreiz für diesen Blogpost sind nicht einmal die offensichtlichen Teleportationen, sondern eine nicht ganz legitime Fußwegstrecke, die eigentlich nicht existieren sollte: Tunnel zwischen Kontinenten.

Doch halt, natürlich sind künstliche Tunnel völlig legitim. Intelligente Menschen oder andere Völker haben diesen Weg spezifisch so designt, dass man lediglich einen Eingang nehmen muss, ein Weg unter einem kilometertiefen Ozean entlang läuft und man gezielt auf der anderen Seite wieder herauskommt. Dieser Tunnel muss darüber hinaus diversen statischen Anforderungen entsprechen. Eine völlig andere Frage ist natürlich, ob so etwas in "Eurem" Fantasysetting überhaupt technisch möglich ist. Wohl eher nicht, außer es spielt in der Gegenwart oder Zukunft oder es waren Aliens oder irgendein mysteriöses uraltes Volk hat den Tunnel irgendwie gebaut (was sich dann aber auch irgendwie im Worldbuilding widerspiegeln sollte). Klingt nach narrativem Aufwand für einen Transport-Sonderfall und entsprechend existiert das meines Wissens nach auch nicht.

Statt dessen tritt die sehr unglaubwürdige Variante gerne auf, dass eine Höhle zwischen Kontinenten verläuft. Nun verlassen wir das Gebiet der Glaubwürdigkeit komplett. Eine natürliche Höhle soll rein zufällig auf einem Kontinent starten, kilometertief und kilometerweit unter einem Ozean entlang laufen und rein zufällig bequem wieder am Festland enden?

Ich glaube ich hätte weniger Probleme damit, wenn diese Passagen nicht einfach wie gewöhnliche Fußwege designt wären, wo nichts passiert, was nicht schon vorher geschah. Oder gar noch weniger passiert: Nämlich nichts, obwohl es sich um ein Extremgebiet handeln sollte. Statt dessen ist es meist optisch einfach nur ein ebener gerader Weg, bei dem man nie den Eindruck hat irgendwelche Höhenunterschiede zu überwinden oder auf irgendwelche ernsten Probleme zu stoßen. Potential grandios verschwendet! Statt dessen mehr ordinäre Laufwege, die es zuvor wahrscheinlich eh schon gab.

Lasst mich eben eine solche potentielle Höhle im Schnitt darstellen, gleichgültig ob eine "schnurgerade" ozeanische "Höhle" unter einem Ozean existieren könnte. Und wir berücksichtigen auch nicht mögliche tektonische Plattenbewegungen zwischen den Kontinenten - Vielleicht existieren die auf dem Fantasyplaneten schlichtweg nicht oder halt nicht in besagtem Ozean. Und wir lassen auch völlig außer acht, dass die Temperaturen massiv ansteigen dürften. Wir "wollen" ja unsere Helden auf Samthandschuhen auf einen anderen Kontinent transportieren.


Und ich komme den "Ozeanhöhlenbefürwortern" sogar noch entgegen und habe den Ozean etwas so breit wie den Golf von Mexiko gemacht. Jedenfalls sollte ziemlich leicht zu sehen sein, dass eine solche Höhle nach UNTEN führt. Man kann nicht einfach in eine Höhle gehen, immer geradeaus und dann kommt man schon raus. Warum wohl bekomme ich nie ein Gefühl dafür wie tief wir sind? Weil da sehr tiefe Abstiege hinunter führen müssten.

Temperaturen steigen, Wassereinbruch droht, möglicherweise haben wir noch Magma, es muss geklettert werden, die Luft ist nicht gerade die Tollste, vielleicht haben wir noch an die Umgebung angepasste Monster, antike Ruinen oder zivilisierte Maulwurfmenschen mit ihren eigenen Problemen. Und vielleicht lässt sich daraus ein Höhlenlabyrinth machen.

Was ich jedenfalls sagen will: Ein natürlicher Unterseetunnel ist nicht einmal das Problem. Wie immer ist es die Art der Präsentation und die ist in so ziemlich jedem Fall einfach nicht vorhanden, obwohl ein komplett neues Abenteuer direkt unter diesem Ozean lauert. Es kann mehr als nur den Hauptplot geben. Der Hauptplot kann erweitert und ergänzt werden. Aber es wird nie etwas daraus gemacht. 

Es sollte also kaum verwundern, wenn ich bereits aufstöhne, wenn ich nur "Ozeanischer Höhlentunnel" höre: Alleine die Existenz lässt darauf schließen, dass wir es mit mit Faulheit und Kreativitätsarmut zu tun haben und kein spannendes Abenteuer zu erwarten haben.
Wieso nicht gleich die Party auf ein Schiff schicken um das selbe Ergebnis zu erzielen?

Flugtierverwandlungen

Im passenden Worldbuilding völlig legitim, doch wenn falsch angegangen, mit ähnlichen narrativen Problemen verbunden, wie Teleportationen. Zwar gebe ich Vampires Dawn nur ungerne Lob, aber es hat die Fledermausverwandlung weitestgehend konsequent umgesetzt. Wenn man sich auf der Worldmap verwandeln kann, um große Strecken zu überwinden, sollte es auch auf jeder Map möglich sein. Es besteht kein narratives Gegenargument dazu, sondern Spielerische. Man kann dem Spieler nicht einfach die Verwandlung wegnehmen, weil es der Erzähler sagt. Die Figuren können nicht einfach vergessen, dass sie sich verwandeln können, weil es nicht zum aktuellen Plotpunkt passt. Das ist Faulheit! Das Flugtier wurde gewählt, weil der Ersteller faul ist!
Verwandlungen sind eine einschneidende Veränderung des Gameplays, wenn sich dadurch neue Möglichkeiten öffnen sollten. Und daher sollte auch das Gameplay und die Geschichte daran angepasst sein und berücksichtigen, dass der Spieler das kann. Vielleicht entdeckt man auch Secrets dadurch?

An sich sind Verwandlungen keine schlechte Idee, aber sehr schwer gut umzusetzen. Beispielsweise funktioniert das selbe Konzept in Unleashing of Chaos 2, auf narrativer und spielerischer Ebene überhaupt nicht, weil es nur dazu dient auf der Worldmap die Orte zu wechseln. Da hat es sich der Entwickler spürbar zu einfach gemacht.

Coole Transportmittel


Reise per Schiff

Obwohl in einer Fantasy-Höhle viel mehr passieren kann, als auf einem Schiff, passiert in diesen Höhlen oft überhaupt nichts. Die viel öfter genutzten Schiffe hingegen, werden ziemlich oft gut ausgenutzt. Möglicherweise auch, weil es ein recht natürliches Transportmittel ist. Unterseehöhlen hingegen nicht.

Ein Schiff ist vergleichsweise schnell, man kann die Fahrt überblenden ohne dafür Rechenschaft abzulegen, kann aber bei Bedarf Charaktere, Worldbuilding und Story vertiefen, bei Bedarf Gameplay einstreuen und vielleicht auch das gewohnte Unglück ins Spiel bringen. Schifffahrten sind toll. Aber leider auch meist zu simpel.

Was gerne übergangen wird, sind die Mittel WIE die Party auf ein Schiff kommt, indem auch das vereinfacht wird. Entweder ein befugter Charakter befiehlt einfach, dass die Party [kostenlos] reisen darf oder wir bezahlen einfach nur Tickets. Das ist ja auch völlig legitim, bloß sollte nicht vergessen werden, dass wir ein Spiel spielen. Wir brauchen Probleme und Zwiste um nicht nur beschäftigt zu sein, sondern auch Abwechslung zu bieten. Es schadet also nicht, auch aus der Beschaffung eines Beförderungsmittels eine Questreihe herauszuholen.

Pferde und Kutschen

Kommt in RPG Maker Spielen nicht vor. Kann vorkommen, aber habe ich noch NIE gesehen, außer Pferde als Teil eines Intros. Möglicherweise weil es an Grafiken mangelt oder weil sie nicht unbedingt notwendig sind. Aber man könnte sie als Schnellreise-Element verwenden, als einzige Möglichkeit um schnell über die Worldmap zu kommen und ansonsten muss man selbst durch die kompletten Gebiete laufen. Ob man es also so löst oder einfach den Helden auf eine Overworld setzt, wo er sich herumbewegen kann, macht keinen essentiellen Unterschied.
Oder man kann sich Pferde ausleihen um schneller durch bereits abgeschlossene Gebiete zu reiten (wo man also nicht mehr in eine Sequenz reiten kann und das Gebiet nochmal schnell auf Secrets prüfen möchte). Man könnte ab-, und aufsteigen und das Pferd kann ohnehin nicht überall hin.

Pferde (oder Reittiere) wären ein neues interessantes Element. Es würde zeigen, dass ich der Entwickler Gedanken machte. Dürften wir mal so etwas sehen? Das wäre total cool.

Flugschiffe

Wenn es unbedingt existieren muss, dann sollte das Flugschiff das finale Transportmittel sein. Es sollte nicht einfach geschenkt sein, sondern hart verdient, bestenfalls mit seiner eigenen Questreihe. Denn dieses Teil wird sämtliche Grenzen zerstören und die komplette Worldmap öffnen. Und das wird das Storytelling und Kampfbalancing erschweren, weshalb es sinnvoll ist dieses Gerät zu bieten, wenn sowieso schon fast alles erkundet wurde.
Sagen wir einfach, ein Flugschiff sollte die ultimative Belohnung sein und sich auch so anfühlen.

Und ja, Tierverwandlungen sind auch "Flugschiffe". Zu früh erhalten, machen sie für Entwickler und Spieler alles schwieriger und reichlich unspektakulär.

Wo ist also das Problem?


Dass keine Probleme existieren. Dass keine Inszenierungen existieren. Dass dem Spieler alles zu stark vereinfacht wird. Es gibt keine Probleme, sondern nur Abkürzungen.
Viele wollen doch ein episches großes Spiel. Dann schaut einfach, wo es sich verkomplizieren lässt. Spiele brauchen Probleme, Meinungsverschiedenheiten, Zwiste und Grenzen. Und der Protagonist ist hier, um diese zu beseitigen und sich den Lohn zu erkämpfen. Und das nicht unbedingt über das Kampfsystem, sondern Leveldesign, Abwechslung, Twists und Abzweigungen in der Geschichte.

Schaut Euch an, wie Eure Figuren reisen. Und schaut, ob sich da nicht mehr herausholen lässt.

[True]


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