Donnerstag, 2. Oktober 2014

Teleportation

Beim durchstöbern zufälliger RPG Maker Spiele in meinem Livestream, fiel irgendwann auf, dass Erzähler erschreckend oft zur Teleportation (von Personen) als erzählerisches Mittel greifen. Versteht mich nicht falsch - es gibt sinnvolle Varianten dafür, doch meist werden sie eher so ausgeführt, dass die bloße Existenz der Teleportation für allerlei erzählerische Probleme sorgen sollte, es aber einfach nicht tut, weil der Erzähler die Existenz dieser "Teleportations-Magie" selbst völlig ignoriert. Weshalb bestimmte Varianten von Teleportationen nicht ignoriert werden sollten und welche ich als sinnvoll erachte, soll heute das Thema sein.

Erzählerische Faulheit


Definieren wir Teleportation erst einmal. Eine Teleportation sorgt dafür, dass Personen (oder Objekte) von einem beliebigen Punkt, zu einem anderen Punkt auf der Welt sofort gelangen können. Sie müssen keine Hürden überwinden, stoßen auf keine potentiellen Feinde, müssen nicht laufen und müssen nicht rasten. Ja, das klingt aus praktischer Sicht total nützlich und erleichtert das Leben. Und genau das ist eines der Probleme!

Wenn es möglich ist sämtlichen Problemen aus dem Weg zu gehen, jeder Gefahrenlage zu entkommen, große Entfernungen in einem Wimpernschlag zu überbrücken ... Wieso sollte mich das Videospiel noch in irgendeiner Form fesseln? Ich als Spieler habe nichts mehr zu tun, muss mir keine Gedanken machen, denn irgendwie werden wir sowieso zum Ziel teleportiert - oder irgendwer kommt daher und teleportiert uns raus. Wo ist das Abenteuer?

Teleportation wird anscheinend gerne benutzt, um die Geschichte so schnell wie möglich zu erzählen. Man muss sich nicht überlegen, wie die Gruppe von Punkt A nach B kommt und was sie dafür aufopfern oder erleben müssten. Nope, sie sind einfach so da. Leute, das könnt Ihr besser.

Erzählerische Problematik


Grundlegend sollten Teleportations-Magien niemals von Leuten aus der Partie oder gar von einem Verbündeten beherrscht werden. Und wenn, dann nur unter äußerst strengen Auflagen oder als nicht-erzählerisches Element (mehr dazu später). Selbiges auch bei Antagonisten, die mit dieser Magie noch viel mehr Unheil anstellen können.

Wenn sich eine Figur nach belieben teleportieren kann, was hält diese Person davon ab, sich direkt zu jedem beliebigen Ziel oder zum Endboss zu warpen? Wieso sollten diese Person noch Gefängniszellen aufhalten? Wieso sollte die Partie allgemein noch irgendwelche Probleme haben, wenn es keine Hindernisse mehr gibt? Selbst so etwas simples, wie abgeschlossene Türen, wären einfach zu überwinden. Oder man schnappt sich einen brutalen Gegner, warpt ihn (und/oder sich selbst) an einen weit entfernten Ort und schon ist man ihn los. Teleportation ist eine Deus Ex Machina, denn mit ihr kann man absolut alles machen! Auch Feinde können das. Und wieso sollte ein teleportierender Verbündeter der Partie, nicht ständig irgendwelche Ausrüstung oder Items vorbeibringen?

Aber man erlebt solch eine Erzählung nicht. Antagonisten benutzen sie meist, um in dramatischen Momenten auf der Bildfläche zu erscheinen - und Verbündete benutzen sie, um im letzten Moment der Partie Beistand zu leisten. Sie wird nicht z.B. so eingesetzt wie ich beschrieb, weil die Autoren nicht weiter denken, als wie sie ihre Geschichte ohne Aufwand vereinfachen können. Vereinfachung heißt nur leider nicht automatisch "besser".

Wenn Eure Figuren irgendwo feststecken oder eine große Entfernung überbrücken müssen, nehmt nicht den billigen Weg und benutzt MAGIE. Überlegt Euch eine weltliche Methode oder schreibt im Zweifelsfall Eure Geschichte um.

Als spielerisches Element


Man kennt ja z.B. das Fluchtseil aus Pokemon. Im Wesentlichen ist auch das eine Teleportation, aber es ist völlig legitim, was nicht nur am Namen liegt (Fluchtseil statt Fluchtzauber). Das Fluchtseil ist ein rein spielerisches Element, das keine erzählerische Relevanz besitzt. Es ist in erster Linie kein Objekt für die handelnden Figuren, sondern für den Spieler. Es vereinfacht auch nicht den Plot - man kommt nicht schneller in zukünftige Städte. Man kürzt sich nur den Rückweg ab, den man voraussichtlich ohnehin bereits erkundet hat.

Ebenfalls völlig legitim sind stationäre Teleportations-Felder, die einen an bereits besuchte Orte oder andere Teleportationsfelder bringen können. Wichtig bei der Einführung eines solchen Elementes ist natürlich, dass deren Verteilung nicht dafür sorgt, dass man relevante Story-Abschnitte überspringt. Sie sollten sich also an zuverlässigen Orten befinden, wie z.B. stets in Kirchen (und auch NIE erzählerisch erwähnt werden. Sie sind einfach da. Genauso, wie die HP-Balken nur für den Spieler sichtbar sind). Und der Spieler sollte auch wissen, wo die Geschichte weitergeht, damit er eben diese Abschnitte nicht durch eine Teleportation überspringt.

Teleportation mit Auflagen


Im Wesentlichen ist das jetzt eine Umkehrung der initiierenden Problematiken. Was kann ich tun, damit meine Teleportations-Fähigkeit eben nicht zu einer übermächtigen Waffe wird? Natürlich nicht, indem der Zauber sehr viele Magiepunkte kostet - das wäre albern. Wenn der Teleport erzählerisch unpassend ist (und aus irgendwelchen Gründen trotzdem existieren muss), muss er erzählerisch umgebaut werden.
Und eigentlich wünsche ich mir das sowieso: Erklärt, wie die Teleportation funktioniert und was dafür notwendig ist. Wenn ich so etwas in RPG Maker Spielen sehe, dann existieren keinerlei Auflagen und niemand hinterfragt irgendwas. Die Fähigkeit ist einfach da - und das sollte so nicht sein.

Nehmen wir mal an, wir bräuchten diesen Zauber eigentlich nur, um aus dem letzten Raum eines Dungeons zu entkommen (wo der jeweilige Boss wäre). Dann könnten wir z.B. sagen, dass der Zauber ein "magischer Stein" wäre, der erst dort benutzt wird und den gesamten Umkreis um ihn herum, an einen ganz spezifischen Ort teleportiert. In jedem Dungeon, wäre das Endziel identisch.
Der Grund dafür ist, dass dieser Stein nach seinem Einsatz seine komplette magische Ladung verliert und auch nur dort wieder aufgeladen werden kann, an einem sehr weit entfernten Ort. Die Gruppe würde sich also auch erzählerisch weigern, diesen Stein vorher zu benutzen, sondern wirklich nur im Endraum. Vielleicht lässt sich dieser Stein auch nur in eben diesem Endraum benutzen, weil er dort in einer bestimmten Vertiefung seine Kraft entfaltet?

Generell ist es keine schlechte Idee solche Fähigkeiten an Objekte zu binden. Denn Teleportation nur davon abhängig zu machen, ob der Charakter gerade gut geschlafen hat (also erholt ist), ist doch etwas sehr willkürlich. Außerdem lassen sich Charakteren Waffen und Ausrüstung wegnehmen, bevor man sie in eine Gefängniszelle sperrt.

Objekte können verschiedene Auflagen für ihre Funktionsfähigkeit besitzen. Vielleicht klappt es nur während eines Vollmondes? Vielleicht muss ein spezifisches zweites Objekt am Teleportationsziel hinterlegt sein (also besteht eine Bindung zwischen diesen zwei Artefakten)? Vielleicht muss ein Blutopfer dargebracht werden? 

Und/Oder wie wäre es mal simpel mit massiven Risiken?
Was wäre, wenn das Ziel der Teleportation so ungenau sein kann, dass man 200m in der Luft oder 200m unter der Erde landen könnte? Ich habe immer so ein kleines Problem damit, dass Figuren immer exakt wissen wohin sie teleportieren müssen, obwohl sie das quasi blind machen.
Wir könnten auch annehmen, dass wenn man sich zu einem Ort teleportiert, alles im Umkreis von 100m vernichtet wird, also man schon sehr gut wissen muss, wohin man will. Und vielleicht will auch keiner das Risiko eingehen.
Egal was davon (oder von was Anderem), es besitzt erzählerische Relevanz und ist nicht einfach nur als Mittel zum faulen Storytelling, sofern denn auch die neuen Punkte logisch weitergedacht werden.


Das bedeutet also, ...


... dass selbst Magie nachvollziehbar sein kann, sofern ihr diese auch beschreibt und Auflagen hinterlegt. Ein simples "Ist halt so" ist ganz schwer zu begreifen. Und wenn Ihr die Chance habt Teleportation zu umgehen, nehmt den alternativen Weg. Was mich angeht, würde ich gerne verstehen, was in den Spielen passiert, die ich so zocke.

Das waren meine heutigen Gedanken.

[MG]

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